Meistgelesene Artikel
Der Spiegel-Reporter Fritjof Meyer ist einer der wichtigsten Mitarbeiter des Hamburger Nachrichtenmagazins. Neben seinem Spezialgebiet Russland widmet er sich auch immer wieder in kenntnisreichen Artikeln der Judenverfolgung im Dritten Reich. Niemand käme auf die Idee, ihm eine Nähe zu rechter Propaganda und revisionistischer Geschichtsfälschung zu unterstellen. Dennoch ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen Meyer wegen Volksverhetzung und Verharmlosung des Holocaust.Gegenstand der Ermittlungen ist ein Artikel, den der Journalist im vergangenen Mai in der in Stuttgart erscheinenden Monatszeitschrift "Osteuropa" veröffentlicht hat. Darin legt Meyer seine Recherche- ergebnisse über die Opferzahlen im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau vor. Mathematisch kühl analysiert er das Fassungsvermögen der Gaskammern und die Kapazität der Brennkammern in den Krematorien. Sein Fazit: In Auschwitz sind erheblich weniger Juden vergast worden als bislang angenommen.Aktiv geworden ist die Staatsanwaltschaft nicht aus eigenem Antrieb, sondern erst nachdem der NPD-Rechtsanwalt Horst Mahler Anfang des Jahres Anzeige gegen Meyer erstattet hatte. Ein durchsichtiges Manöver des Antisemiten Mahler: Er will eine mögliche Verfahrenseinstellung im Fall Meyer für seine Rechtsbeschwerde gegen die Verurteilung seines Mandanten Frank Rennicke benutzen. Rennicke, ein rechtsradikaler Liedermacher, war im vergangenen Oktober wegen Volksverhetzung zu einer 17-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Gericht warf ihm unter anderem die Verbreitung der so genannten Auschwitz-Lüge vor, wonach der Massenmord an Juden in den Vernichtungslagern der Nazis aus technischen Gründen unmöglich gewesen sei und deshalb nicht stattgefunden habe.Spiegel-Reporter Meyer nennt die Anzeige Mahlers einen Witz. "Anders als die Rechtsradikalen und Revisionisten leugne ich in meinem Artikel doch nicht den Massenmord der Nazis, sondern lege im Gegenteil nachvollziehbare Beweise für die Gräueltaten in Auschwitz vor", sagte Meyer der Berliner Zeitung. Dass er bei seinen Recherchen zu dem Ergebnis gekommen ist, dass maximal 500 000 und nicht - wie bislang angenommen - eine Million Menschen in Auschwitz ums Leben gekommen sind, ändere an der grundsätzlichen Bewertung des Holocaust jedoch nichts.