"Nur das Bafög fördert die Bedürftigen"
Einer der größten Kritiker des nationalen Stipendienprogramms ist Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, das die sozialen Belange aller Studenten vertritt.Herr Meyer auf der Heyde, zwei Prozent der Studenten erhalten bisher ein Stipendium. Nun sollen es zehn Prozent werden. Ist das nicht ein großer Fortschritt?Ja, das hört sich zunächst einmal ganz gut an. Zumal ja auch geplant ist, dass alle Hochschulen von dem Programm profitieren sollen, also auch solche, die bisher wenige oder gar keine Stipendiaten haben. Ich denke da etwa an Fachhochschulen. Dennoch sind wir skeptisch.Wo liegt das Problem?Die Stipendien in Höhe von 300 Euro monatlich sollen von privaten Geldgebern und dem Staat finanziert werden. Die Hochschulen müssen von Firmen, Stiftungen oder Ehemaligen 150 Euro akquirieren, und dann geben Bund und Länder jeweils 75 Euro hinzu. Nun frage ich: Was passiert mit Hochschulen in wirtschaftsschwachen Regionen? Oder mit Profilen, die für die Wirtschaft nicht attraktiv sind? Woher sollen die das Geld bekommen? Ich denke etwa an eine Fachhochschule für Sozialpädagogik. Der Fehler liegt im System. Außerdem soll das Programm erst nach vier Jahren evaluiert werden. Erst dann gibt es eventuell einen finanziellen Ausgleich zwischen den Hochschulen durch den Bund.Die Regierung will Studenten aus einkommensschwachen Familien fördern.Das stimmt. Aber Stipendienprogramme begünstigen im Wesentlichen die, die sowieso schon bessere Chancen haben. Wir kennen das auch von den anderen Stipendien in Deutschland. Hier kommen 71 Prozent aus besser gestellten Elternhäusern. Das Stipendienprogramm ist an Leistungskriterien gekoppelt, und diese kann ein Student möglicherweise gar nicht erfüllen, wenn er sowieso schon Probleme hat, sein Studium zu finanzieren, und nebenbei arbeiten muss. Wer wirklich Studienberechtigte aus einkommensschwächeren Elternhäusern erreichen will, der muss die Priorität auf das Bafög setzen. Dieses begründet auch einen Rechtsanspruch auf Förderung.Um das Bafög geht es heute auch. Was sagen Sie zu den Vorschlägen?Geplant ist, die Bedarfssätze um zwei Prozent und die Freibeträge um drei Prozent zu erhöhen. Das reicht uns bei weitem nicht aus. Die Bafög-Erhöhung im Wintersemester 2008 hat de facto dazu geführt, dass die Förderbeträge kräftig erhöht wurden, aber der Kreis der Förderberechtigten sich kaum erweitert hat. Um dieses zu erreichen, müssen wir die Freibeträge, also den Zuschuss an die Eltern, deutlich erhöhen. Wir fordern mindestens fünf Prozent.Das Gespräch führte T. Harmsen.------------------------------Foto: Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks