30 Jahre danach kommt kaum eine Beschreibung der tagelangen Gewaltexzesse vom August 1992 in Rostock-Lichtenhagen ohne die Erwähnung des Sonnenblumenmosaiks aus. Die Harmlosigkeit der riesigen Wandverzierung unweit des idyllischen Ostseebades Warnemünde steht im Widerspruch zum Zivilisationsbruch, der sich, so glaubte man damals, als singuläres Ereignis vollzog. Wie oft noch muss die Aufzählung deutscher Städtenamen für den Versuch herhalten, rassistisch motivierte Anschläge wenigstens nachträglich zu bannen? Mölln, Hoyerswerda, Halle, Hanau – die Reihe ist unvollständig, und die mit den Ortsnamen emblematisch verbundenen Ereignisse liegen zeitlich weit auseinander. Auf einer Deutschlandkarte eingetragen aber markieren sie eine gesellschaftliche Wirklichkeit, die Normalität zu nennen, man sich trotz aller inneren Widerstände kaum zu erwehren vermag.
30 Jahre Rostock-Lichtenhagen – ein Fanal ohne Folgen
Das Sonnenblumenhaus in Rostock ist zum Symbol eines Zivilisationsbruchs geworden. Die politische und juristische Aufarbeitung blieb mangelhaft.

Zweifelhaftes Idyll: das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen.dpa