Manchmal lohnt ein Blick ins Archiv: Vor reichlich einem Jahr diskutierten viele Medien die Frage, ob die Inflation in Deutschland besorgniserregend sei. Reihenweise Experten standen bereit, die Sorgen zu entkräften. Sie würde sich wieder abschwächen, wenn sich der wirtschaftliche Aufschwung nach der Corona-Krise auszahle. Nun, damals war das russische Begehren an Gebieten der Ukraine noch ein Konflikt, der – wenn überhaupt – Außenpolitiker interessierte. Inzwischen hat der Angriffskrieg wirtschaftliche Auswirkungen auf Europa und die Welt. Die Inflation in Deutschland liegt seit März konstant bei über sieben Prozent und ist damit so hoch wie seit fünfzig Jahren nicht mehr.
Diese Steigerung zeigt sich auch in einer anderen Fieberkurve: bei den Sorgen der Bevölkerung. Die Unternehmensberatung McKinsey veröffentlichte eine Studie, der zufolge rund 48 Prozent von gut 1000 Befragten Mitte Juni angaben, ihre größte Sorge sei derzeit die Inflation, während es zwei Monate zuvor noch 40 Prozent waren. Den Meinungsforschern fiel dabei der Unterschied zur Angst vor dem Krieg in der Ukraine auf. Hatte im April jeder dritte Befragte die Invasion als größte Sorge bezeichnet, so tat dies im Juni nur noch jeder Vierte. Das Thema Corona verlor sich, in Zahlen ausgedrückt, nur noch im einstelligen Bereich.
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Schon immer gibt es Ratgeber, die den Menschen weismachen, Angst sei ein schlechter Ratgeber, und auffordern, sich mutig in Abenteuer zu stürzen. Doch genauso wie ein Helm am Skihang oder auf dem Fahrradweg im Notfall schützt, kann eine aus der Angst geborene Vorsicht in der Inflation helfen. Wer den Konsum auf das Notwendige beschränkt, behält Kontrolle über die Ausgaben und spart Energie. Dass der Staat eine Fürsorgepflicht für jene hat, die nicht mehr sparen können, steht außer Frage.