Das gibt doch wieder nur Streit, ist mein erster Gedanke. In Prenzlauer Berg wurden Anfang der Woche zwei neue Parklets aufgestellt. Parklets wurden 2013 in San Francisco erfunden und gehören zu den liebsten Stadtmöbeln grüner Verkehrspolitik. Sie erfreuen die Fans und verärgern vor allem Autofahrer.
Ich kenne Leute, die beruflich ein Auto brauchen und nicht mehr Grün wählen, weil sie Parklets hassen. Denn die großen Holzkästen mit Sitzen drin stehen am Straßenrand auf früheren Parkplätzen und sollen gestresste Großstädter zum Verweilen animieren.
Da ist es ja an der Autobahn gemütlicher
Doch oft sind sie einfach nur vollgemüllt wie an der Schönhauser Allee. Dort stehen sie direkt neben einer vierspurigen Hauptverkehrsader, dort rattern Straßenbahnen vorbei und die U-Bahn. Verweilqualität hört sich anders an. Da ist es an mancher Autobahn gemütlicher.
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Für viel Häme sorgten auch die Parklets in der Kreuzberger Bergmannstraße. Nun soll Berlin dieses Jahr 65 neue Sitzgruppen bekommen – Kosten: 200.000 Euro. Das ist wie ein Ikea-Großeinkauf für grüne Stadtplaner. Sie lieben diese Stadtmöbel und verteidigen sie als Teil der Klimaschutzpolitik. Bettina Jarasch sagt: „Wo vorher der Platz von einem Auto blockiert wurde, können sich nun Anwohnende an grünen Oasen erfreuen und dort verweilen.“ Jarasch ist Senatorin für Umwelt und Mobilität.
Eine Theorie und zwei Überraschungen
Natürlich ist das eine ideologiegeleitete Politik. Eine klare Anti-Auto-Politik, ein Verdrängungswettbewerb – eine Antwort auf die vorherige ideologiegeleitete Verkehrspolitik, bei der jahrzehntlang das Auto im Mittelpunkt stand.
Soweit die Theorie, nun der Praxistest, eine Vor-Ort-Erkundung, ob die neuen Möbel reine Symbolpolitik sind oder angenommen werden.
Überraschung Nummer eins: Die Planer haben dazugelernt. Die Sitzmöbel stehen nicht an der Petersburger Straße, einer Hauptverkehrsader, sondern an zwei Stellen am Petersburger Platz, einem hübschen Kiez in Prenzlauer Berg.
Überraschung Nummer zwei: Es ist kurz vor 18 Uhr, die Sonne strahlt und kein Sitzplatz ist frei.
In dem einen Parklet drängeln sich zwei Familien und albern rum. Das andere Sitzmöbel steht vor dem Kiez-Treffpunkt „Komm rum“ und wurde dort quasi eingemeindet. Frauen und Männer sitzen da, diskutieren, lachen und holen sich von drinnen einen Kaffee und quatschen weiter.
Experiment gelungen. Bleibt die Frage, warum es solche „nichtkommerziellen Begegnungsorte zur Förderung der sozialen Interaktion“ nicht auch geben kann, ohne andere zu verdrängen.
Eine Frau sitzt dort und sagt: „Ich finde sie gelungen, außer wenn ich im Auto sitze und ewig durch den Kiez gurken muss, um einen Parkplatz zu finden.“