Der liebe Gott im Schaumbad: Warum der ganze Quatsch auf der Erde nur nervt!

Wäre ich Astronom, würde ich mich ständig beim Blick auf explodierte Sterne oder zerbröselnde Kometen beruhigen. Denn die Vorgänge auf der Erde sind zu absurd.

Leben wir in einem Multiversum?
Leben wir in einem Multiversum?Victor De Schwanberg/Science Photo Library/Getty Images

Früher habe ich gedacht, dass das, was nachts über uns als Sternenhimmel funkelt, „das Universum“ sei, zumindest ein beträchtlicher Teil davon. Dabei ist die Milchstraße, deren Band wir vom hellen Berlin aus kaum sehen können, nur ein Fliegenschiss, wenn man das ganze Universum betrachtet.

Es gibt – so schätzt man – noch mindestens eine Billion solcher Fliegenschisse im Universum, genannt Galaxien. Sie ordnen sich zu Haufen und Superhaufen, reihen sich in sogenannten Filamenten aneinander und  bilden ein gigantisches Netzwerk mit Leeräumen (Voids) dazwischen, die so groß sind, dass das Licht 100 Millionen Jahre und mehr braucht, um sie zu durchqueren.

Wie groß das ganze ungeheure Netzwerk ist, das man Universum nennt, ist nicht bekannt. Das Licht der ersten Galaxien brauchte immerhin bis zu 13,5 Milliarden Jahre zu uns. Und in dieser Zeit hat sich ja alles weiterentwickelt, ausgedehnt, ist gestorben, neu erstanden.

Wenn die Milchstraße verschwände, würde das niemanden jucken

„Hör uff! Warum erzählst’n dit jetz allet?“, fragt mein innerer Berliner. „Willste berentet werden, wejen Berufskrankheit? Diagnose: überschlauet Dauerjelaber?“ Nein, das nicht. Aber ich habe in letzter Zeit intensiver mit Astronomen Kontakt gehabt und mich gefragt: Wie halten die das nur aus? Die wissen doch genau: Selbst wenn unsere ganze Milchstraße plötzlich verschwände, würde das im Universum niemanden jucken. Unsere Sonne ist nur einer von unzähligen Sternen im Universum! Jemand schätzte mal ganz vorsichtig 70 Trilliarden, eine Zahl mit 22 Nullen. Und die Erde? Nicht der Rede wert. Das Atom eines Fliegenschisses.

Als Berliner Astronom würde ich irgendwann den Kopf vom Teleskop abwenden, mit müden Augen um mich blicken und fragen: „Wat is’n hier los? Warum tun sich alle so wichtig?“ Ja, und wirklich: Der Mensch lebt höchstens so lange, wie der Saturn braucht, um dreimal die Sonne zu umrunden.

In dieser kurzen Zeit findet hier ein Gezicke, Gequatsche, Gequietsche und Gekrache statt, dass einem der Kopf wackelt. Ein Blick in die Zeitung reicht – und schon würde ich als Astronom schnell wieder ans Teleskop flitzen und gucken, ob irgendwo ein Stern explodiert oder ein Komet zerbröselt. Um mich wieder abzuregen.

Solange man am Ende in einer Blase landet, ist alles gut

Bloß nicht den lieben Gott zur Hilfe anrufen! Der ist völlig überfordert. Dass er nur unsere Erde geschaffen haben soll, ist sehr anmaßend. Er muss mindestens der Schöpfer des Sonnensystems sein, ja der Milchstraße. Vielleicht sogar des ganzen Universums. Er hat seit langem Burnout. Und da sich im Universum immer größere Strukturen bilden – vom ganz Kleinen bis ins ganz Große –, ist garantiert dahinter noch nicht Schluss. Ja, man spricht bereits von vielen Universen, vom Multiversum. Oder wie Udo Lindenberg singt: „Hinterm Horizont geht’s weiter …“

Im Grunde gibt es nur eine Lösung, die ich mir vorstellen kann: Irgendwo sitzt ein Typ in einem riesigen Schaumbad. Er singt: „La-Le-Lu, nur der Mann im Mond schaut zu“ und bläst in den Schaum. Hui, fliegen ein paar Blasen empor. Eine davon ist unser Universum, neben vielen anderen Universen.

„Schaumbad aus Universen gefällt mir“, sagte eine Astronomin, der ich das erzählte. „Solange man am Ende immer in einer Blase landet, ist doch alles gut!“ Ja, so ist der Mensch. Eine Blase – das klingt nach Schutz, Geborgenheit, geschlossenem System. Aber es ist auch eine Illusion, wie wir wissen. Man denke an irdische Finanz- und Immobilienblasen. Es funktioniert immer nur solange, bis die Blase platzt.