Eine TV-Serie verdeutlicht, was mit der Rückgabe von Raubkunst zu gewinnen ist

In Zusammenarbeit mit dem RBB und dem Bayerischen Rundfunk entsteht eine Mediathek der Erinnerung: „Kunst, Raub und Rückgabe“

Moderatorin Shelly Kupferberg (l.) und Ann-Charlotte Mörner bei der Veranstaltung „Kunst, Raub und Rückgabe“ im Berliner Bode-Museum. In der Bildmitte Rüdiger Mahlo von der Jewish Claims Conference. 
Moderatorin Shelly Kupferberg (l.) und Ann-Charlotte Mörner bei der Veranstaltung „Kunst, Raub und Rückgabe“ im Berliner Bode-Museum. In der Bildmitte Rüdiger Mahlo von der Jewish Claims Conference. Imago Images

Endlich etwas Erfreuliches, wird sich die RBB-Interimsintendantin Katrin Vernau gedacht haben, als sie am Donnerstagabend im Berliner Bode-Museum das Medienprojekt „Kunst Raub Rückgabe“ vorstellte. Gemeinsam mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und dem Bayerischen Rundfunk (BR) produziert der angeschlagene Berlin-Brandenburgische Sender insgesamt 30 Fallgeschichten, die den NS-Kunstraub und die späte Rückgabe einzelner Werke an die Nachkommen veranschaulichen. Auf diese Weise solle den Opfern ein facettenreiches filmisches Denkmal gesetzt werden.

Eine der Betroffenen ist die Schwedin Ann-Charlotte Mörner. Sie ist die Enkelin des Kaufmanns Friedrich Emil Guttsmann, der nach 1933 von den Nationalsozialisten systematisch in die Armut getrieben wurde. Eindrucksvoll schildert Mörner an diesem Abend, wie die Rückgabe einer Zeichnung ein weitgehend beschwiegenes Stück Familienbiografie überhaupt erst hervorgebracht hat. Es sind Geschichten wie diese, die das von Kulturstaatsministerin Claudia Roth mit 690.000 Euro geförderte filmische Erinnerungsprojekt sogleich plastisch vor Augen führen.

Wiederherstellung von Recht und Eigentum

Getrübt wurde die feierlich angelegte Vorstellung des Vorhabens durch die klaren Worte von Josef Schuster, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden. Zwar unterstrich er die Bedeutung des nun entstehenden filmischen Archivs. Es zeige, dass es nicht um Wiedergutmachung gehe, wie es manchmal selbstgefällig heiße, sondern um die Wiederherstellung von Recht und Eigentum.

Gerade hier aber knirscht es in den Verfahren. Insbesondere die infolge der Washingtoner Erklärung von 1998 ins Leben gerufene „Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz“, wie es umständlich heißt, krankt daran, dass diese erst dann aktiv werden kann, wenn sie von beiden Parteien, also den Opferfamilien und den mutmaßlich unrechtmäßigen Inhabern von Kunstwerken, angerufen wird. Das eigentümliche Verfahren setzt eine Bereitschaft zur Einigung voraus, die doch erst durch Vermittlung der Beratenden Kommission erzielt werden soll. Das Problem ist lange bekannt, die Behebung des Konstruktionsfehlers aber vor allem durch die Bundesländer immer wieder behindert worden. Gerade deren Museen wären von vermutlich zunehmenden Rückgabeverfahren stark betroffen.

Eine veränderte Stimmung

Trotzdem, so stellte Hermann Simon, der Gründungsdirektor des Centrum Judaicum in Berlin fest, habe sich die Stimmung deutlich verändert. Während Rückgaben in den Museen und Bibliotheken früher defensiv-abwehrend betrachtet wurden, freue man sich inzwischen über jede geglückte Rückgabe. Das begonnene Filmprojekt zeigt denn auch auf eindrucksvolle Weise, dass mit der Herausgabe einzelner Werke aus den staatlichen Einrichtungen etwas gewonnen wird: die Erzählungen und Gefühle eines in all seinen Facetten lange beschwiegenen und unterschlagenen Leids.