Barrett Strong – der Gründervater des Soul ist tot

Mit Norman Whitfield schrieb Barrett Strong Soulklassiker wie am Fließband, darunter „Papa Was A Rollin’ Stone“. Nun ist er im Alter von 81 Jahren gestorben.

Barrett Strong (1941–2023)
Barrett Strong (1941–2023)AP

Es ist ein für ihn typisch hymnischer Klagesound, mit dem Bruce Springsteen einen alten Song der Temptations intoniert: „I Wish It Would Rain“. Dem Rockbarden aus New Jersey war es ein spätes Bedürfnis, durch sein Album „Only The Strong Survive“ die Soulklassiker seiner Adoleszenz zu würdigen, die die Musik von Schwarzen weit über den Jazz und Blues hinaus etablierten. Barry Gordys Hitfabrik Motown trug in den 60er-Jahren erheblich zur kulturellen Durchsetzung der Black-Power-Bewegung bei, aber Springsteens Album zeigt auch, wie sehr die Musiker, die diesen Sound hervorgebracht haben, schon wieder aus dem kulturellen Gedächtnis zu verschwinden drohen.

„I Wish It Would Rain“ stammt aus der Feder von Norman Whitfield und Barrett Strong, die in den 60er- und 70er-Jahren zu Popgiganten hinter den Kulissen wurden. Am Anfang ihrer Zusammenarbeit stand „I Heard It Through The Grapevine“, das Strong und Whitfield zunächst für The Miracles geschrieben hatten. Nachdem es anschließend von den glamourösen Gladys Knight And The Pips gecovert wurde, avancierte das Stück in der Version von Marvin Gaye zum unverwechselbaren Motown-Klassiker, der zugleich der wichtigste Katalysator für den kommerziellen Erfolg des Labels wurde.

Sozialkritisch und experimentell

Der 1941 in Westpoint, Mississippi geborene Barrett Strong kam bereits 1959 in Kontakt mit Barry Gordy, für dessen Tamla-Records er einige Songs einspielt hatte. Eine spontan im Studio entstandene Gemeinschaftsproduktion von Gordy und Strong war „Money (That’s What I Want“), bei dem Strong Klavier spielte und für das er auch den Text geschrieben hatte. Kurioserweise wurde Strong ausgerechnet bei diesem Stück aus der Komponistenzeile gestrichen, sodass ihm später lukrative Tantiemen entgingen.

Das Komponistenduo Whitfield und Strong wollte sich bald aber nicht mit der treffsicheren Reproduktion des Motown-Sounds zufriedengeben. Durch die Zusammenarbeit mit der Gesangsgruppe The Temptations wurden die Stücke experimenteller und zugleich sozialkritischer. Sie setzten Gitarren mit Verzerrung, sogenannten Wah-Wah-Effekten, ein, und bald ließen sich Whitfield und Strong in ihren Stücken auch nicht mehr auf die üblichen drei Minuten beschränken. Höhepunkte dieser Entwicklung, die zugleich mit der Filmbewegung Blaxploitation zusammenfiel, war der Soul-Meilenstein „Papa Was A Rollin’ Stone“ von Sly And The Family Stone.

Mit gleich zwei Stücken hat Barrett Strong Eingang gefunden in Bob Dylans kürzlich erschienener „Philosophie des modernen Songs“. Das in der Version von Edwin Starr berühmt gewordene „War“ feiert Dylan als Vorbild aller Antikriegslieder, und über das pompöse „Ball Of Confusion“ (von den Temptations) schreibt Dylan, der Song sei wie eine alte Radiosendung, bei der man sich vorstellt, was man hört, und es dadurch zu einer eindringlichen Erfahrung wird. Am Sonntag ist Barrett Strong im Alter von 81 Jahren in Detroit gestorben.