Kommentar: Nur mal kurz den RBB retten – Einsparungen sind keine Reform
Die Interimsintendantin Katrin Vernau hat personelle und finanzielle Einschnitte für den angeschlagenen Sender angekündigt. Das wird nicht reichen.

Für das Verschwinden von Dieter Nuhr und Sophie Passmann vom Bildschirm, so witzelte gestern ein Kollege, müsse man das Aus für die herrlich unkonventionelle RBB-Sendung „Thadeusz und die Beobachter“ wohl in Kauf nehmen. Die drei Namen waren am Mittwoch immer wieder genannt worden, um die drastischen Einschnitte zu verdeutlichen, die die Interimsintendantin Katrin Vernau als Akutmaßnahmen für den angeschlagenen Sender RBB angekündigt hat. Nicht lustig? Die Pointe kommt zum Schluss.
Der RBB muss sparen, man blicke in einen Abgrund, so Vernau. Allein 41 Millionen Euro, die laut der Gebührenkommission KEF für Rücklagen gebunden waren, habe die fristlos gekündigte Intendantin Patricia Schlesinger, so heißt es, in den laufenden Haushalt gesteckt. Weitere acht Millionen Euro, die für 2023 und 2024 als Sparmaßnahmen eingeplant waren, seien nicht mit entsprechenden Maßnahmen unterlegt gewesen.
Destruktion als Kritik
Nun also der Rotstift für Programm und Personal. Von gut 1600 Mitarbeitern werden 100 gehen müssen, insgesamt sollen die Kosten für Personal und Organisation bis Ende 2024 um 11 Millionen Euro sinken. Soweit der Sanierungssprech. Wer jetzt noch über Vorlieben und luxuriöse Nischen im Programm des Senders nachdenkt, so die Botschaft, hat den Ernst der Lage nicht verstanden. Tatsächlich war es zuletzt eher so, dass viele sich über die Misswirtschaft beim RBB entrüsteten und lieber gleich das ganze Sendergeflecht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufgelöst gesehen hätten. Destruktion als Kritik.
Aber vielleicht lohnt es sich, jenseits mutwilliger Entrümplungsfantasien doch noch einmal über das Programm zu sprechen. Sicher, dem Gesundheitsmagazin „RBB-Praxis“ dürfte es kaum gelingen, die Generation TikTok im Sturm für sich erobern. Aus gediegener Information über Bluthochdruck und Gefäßerkrankungen wird kein Quotenhit, und doch gewinnt man gerade über dieses Sendeformat einen guten Überblick über die medizinische Versorgungslage in Berlin und Umland, der weit über das skandalgetriebene Gerede über Pflege- und Kliniknotstand hinausreicht.
An das Beispiel knüpft sich die Frage, worin für die einstigen dritten Programme der Sendeauftrag als Regionalprogramme eigentlich besteht. Über das ländlich-kulinarische Idyll von „Land & lecker“ hinaus müsste es für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk darauf ankommen, eine Strategie für die Abbildung der sozialen Wirklichkeit jenseits der urbanen Zentren zu entwickeln. Warum also nicht synergetisch wirksame Zusammenlegungen von Sendern, die in der Lage wären, die laufenden Programme aus der Retro- und Schlagerseligkeit herauszukatapultieren.
In die Medienmoderne – aber wie?
Tatsächlich aber verhält sich die restliche ARD vorsichtig abwartend zum um seine Existenz strampelnden RBB. Um nicht unfreiwillig die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, traut sich kaum jemand, das hässliche Wort Strukturreform in den Mund zu nehmen. Die aber wäre nötig, um den Verbund von Regionalfernsehen und Radio in die Medienmoderne zu überführen.
Und die Pointe? Vom Abgang des Comedians Dieter Nuhr kann nicht die Rede sein. Die Sendung „Nuhr im Ersten“ stand nie zur Disposition, und die Streichung eines Beitrags zur ARD-Themenwoche erfolgt schon deshalb nicht, weil es 2023 keine Themenwoche gibt. Leider nix zum Lachen. Eine weitere Staffel mit Sophie Passmann, teilt der RBB mit, sei ebenfalls geplant.