Olympia-Boykott: Die Sportwelt bleibt gespalten
Dürfen russische und belarussische Sportler bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris unter neutraler Flagge starten? Der Konflikt schwelt weiter.

Sportpolitik ist nicht erst seit gestern von grandioser Scheinheiligkeit geprägt. Die Diskussionen über den Boykott Olympischer Spiele, beispielsweise 1980 in Moskau und 1984 in Los Angeles, waren seit jeher von Machtkalkülen getrieben, und das hehre Gebot der Neutralität des Sports kann man getrost als verlogen betrachten. Das hat den deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach zuletzt nicht davon abgehalten, einer Art weichgespültem Humanismus das Wort zu reden. Er beruft sich auf eine Vorgabe der Vereinten Nationen: Es sei Aufgabe des IOC, Menschen zusammenzubringen.
Vor dem Hintergrund von Bachs Bestrebungen, bei den 2024 in Paris stattfindenden Olympischen Spielen Sportler aus Russland und Belarus unter neutraler Flagge an den Start gehen zu lassen, darf man diese sich auf Völkerverständigung berufende Idee als zynische Volte des Putin-Freundes betrachten. Falls es anders kommt, sieht er gar die olympische Idee in Gefahr. „Es wäre“, so Bach, „das Ende von internationalen Wettkämpfen wie Olympischen Spielen und anderen Titelkämpfen.“
Devote Haltung, Hybris und Ignoranz
Es könnte aber auch sein, dass die nun Fahrt aufnehmende Diskussion über die Teilnahme russischer Sportler das Sportsystem als Ganzes zermürbt. Zwar hat Fifa-Boss Gianni Infantino zur WM in Katar gezeigt, wie weit man als führender Sportfunktionär mit Ignoranz, Hybris und devoter Haltung gegenüber diktatorischen Regimen kommen kann. Von Olympischen Spielen aber geht schon lange nicht mehr jene friedenstiftende Aura aus, die das Dabeisein feierte – und an die Methoden eines korrupten Nation Building angepasst wurde.
Während Russland tötet und terrorisiert, so forderte es kürzlich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, dürfen Vertreter dieses Terrorstaates keinen Platz bei olympischen Wettkämpfen haben. Die Sportwelt ist gespalten – und wird es über die Spiele von Paris hinaus wohl bleiben.