Palästina-Resolution im UN-Sicherheitsrat: Palästinenser wollen Haager Strafgerichtshof beitreten
Nach dem Scheitern der Palästina-Resolution im UN-Sicherheitsrat am Dienstagabend (Ortszeit) wollen die Palästinenser dem Internationalen Strafgerichtshof beitreten. Präsident Mahmud Abbas unterzeichnete am Mittwochabend das Statut des Tribunals (IStGH), womit dieses auf palästinensischem Gebiet begangene Verbrechen verfolgen kann. Die Palästinenser könnten den jüdischen Staat wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen anklagen. In Jerusalem bereitet man sich nun auf einen „diplomatischen Krieg“ vor, die US-Regierung erteilte dem Antrag eine entschiedene Absage. Es drohen harte Sanktionen von Israel und den USA.
Nur eine Stimme fehlte
Die von Jordanien eingebrachte Palästina-Resolution hatte zuvor eine Zwei-Drittel-Mehrheit im UN-Sicherheitsrat nur um eine Stimme verfehlt. Die Resolution enthält Grundsätze für einen binnen zwölf Monate auszuhandelnden Friedensvertrag über eine Zwei-Staaten-Lösung, die sich an den Grenzen von 1967 orientieren solle. Auch legt sie eine Drei-Jahres-Frist fest, innerhalb derer Israel die Besetzung palästinensischer Gebiete beenden müsse. China und Russland hatten dafür gestimmt, ebenso Frankreich als ständiges Mitglied des Weltgremiums, das am Textentwurf mitgewirkt hatte. Nigeria aber, das zunächst ein Ja signalisiert hatte, enthielt sich bei dem entscheidenden Votum, so dass nur acht von 15 Staaten für den Antrag votierten und nicht die erhofften neun.
Wäre die Resolution angenommen worden, hätten die USA als treue Verbündete Israels ihr Veto einlegen müssen – was Washington unbedingt vermeiden wollte, um in der arabischen Welt nicht weiter an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Es sei ein immenser Druck auf die Mitgliedsstaaten im Sicherheitsrat ausgeübt worden, sagte der palästinensische Unterhändler Saeb Erekat. Nigeria sei gedroht worden, es riskiere seine internationale Unterstützung im Kampf gegen die Islamisten-Gruppe Boko Haram, wenn es die Palästina-Resolution unterstütze.
Als Reaktion auf das Scheitern der Nahost-Resolution unterzeichnete der palästinensische Präsident Abbas in Ramallah rund zwanzig internationale Verträge, darunter das Römische Statut, die rechtliche Basis für das Gericht in Den Haag. Mit einer Ratifizierung des Statuts ist das Gericht für Verbrechen in Palästina einschließlich des Gazastreifens zuständig. Israelis müssen damit befürchten, wegen der Besatzungspolitik in den Palästinensergebieten strafrechtlich verfolgt zu werden. Im Rahmen der im April gescheiterten Friedensverhandlungen hatten die Palästinenser diesen Schritt bisher unterlassen.
Die Palästinenser-Führung müsse wegen ihrer Partnerschaft mit der islamistischen Hamas selber Urteile vor dem Kriegsverbrechertribunal fürchten, war die Reaktion von Israels Premier Netanjahu. Sie habe schließlich eine Einheitsregierung mit der Hamas gebildet, „einer Terrororganisation, die wie der Islamische Staat (IS) Kriegsverbrechen begeht.“ Auf einer Kabinettssitzung am Donnerstag wollten er und die Minister konkrete Schritte beraten, wie etwa das Einbehalten von Vorsteuern sowie Reiseerschwernisse für Palästinenser.
Die USA bemühten wieder einmal den Friedensprozess, der dadurch weiter verzögert würde. Ein Beitritt „wäre kontraproduktiv und würde zu den Bestrebungen des palästinensischen Volkes für einen souveränen und unabhängigen Staat nichts beitragen“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums.
Der als moderat geltende palästinensische Präsident genießt laut jüngster Umfragen Rückhalt nur noch bei 30 Prozent der Palästinenser. Vor dem Gaza-Krieg im Sommer 2014 waren es noch fünfzig Prozent. Abbas reagiert auf diese Stimmung mit einem Strategiewechsel. Er setzt jetzt nicht mehr auf die Uno, sondern sucht internationale Unterstützung, um Druck aufzubauern. Finanzielle Sanktionen könnten die Autonomiebehörden allerdings in den Bankrott treiben und ihre Auflösung zur Folge haben. (mit dpa)