Panne bei Polizeieinsatz: Elektro-Waffe versagte: SEK konnte Selbstmörder nicht stoppen

Es sah bereits so aus, als ob die Polizisten den Mann von einem Selbstmord abgebracht hätten - dann sprang der 27-Jährige plötzlich doch in den Tod: Jetzt untersucht die Berliner Staatsanwaltschaft, ob die Polizei am Sonnabend bei einer Rettungsaktion in Charlottenburg versagt hat. Eine Mordkommission des Landeskriminalamtes übernahm die Ermittlungen.Der 27-jährige Robert R. aus Spandau war am Sonnabend zur Wohnung seiner Mutter in die Angerburger Allee gefahren. Gegen 14.45 Uhr ging er auf den Balkon im neunten Stock. Er setzte sich auf die Brüstung, hielt sich eine Pistole an den Kopf und kündigte an, sich in den Tod zu stürzen. Der in Paraguay geborene Deutsche soll psychisch krank gewesen sein. Die Mutter rief die Polizei. Weil Robert R. eine Waffe in der Hand hielt, kam das Spezialeinsatzkommando (SEK). Es brachte seine Verhandlergruppe mit - Polizisten, die geschult sind, mit Suzidgefährdeten zu reden. Deren Überzeugungsarbeit war in Berlin bislang immer erfolgreich. Stundenlang redeten Polizisten und Verhandler vom darüberliegenden Balkon auf den Lebensmüden ein. Gegen 17 Uhr sagte Robert R., er wolle mit einem Polizisten sprechen. Er stieg von der Brüstung und verschwand in der Wohnung. Etwa eine Viertelstunde später kam Robert R. ohne Waffe zurück - und sprang in die Tiefe. Test wird ausgesetztWas in dieser Viertelstunde geschah, versucht die Staatsanwaltschaft zu rekonstruieren. Ein SEK-Beamter hatte in der Wohnung auf Robert R. gewartet. Der Polizist hatte einen Air-Taser dabei. Das ist ein pistolenartiges Gerät, mit dem zwei Elektroden auf einen Menschen abgeschossen werden können. Durch einen Hochspannungsimpuls wird der Angeschossene kurz gelähmt und handlungsunfähig. Robert R. hielt sich die Pistole an den Kopf. Als er sie kurz herunter nahm, schoss der SEK-Mann die Elektroimpuls-Waffe ab. Die Elektroden trafen auch, doch der Taser zeigte keine Wirkung. Robert R. habe sich umgedreht und sich vom Balkon gestürzt, berichten Zeugen. Das Berliner SEK testet den Taser seit 2001. Bislang konnte sich die Innenverwaltung aber nicht dazu durchringen, die Waffe zur Standardausrüstung der Elitepolizisten zu erklären. Nach der Panne vom Wochenende wird das SEK die Waffe vorerst nicht mehr benutzen. SEK-Chef Martin Textor sagte am Sonntag: "Jetzt legen wir den Taser zunächst zur Seite und untersuchen, was nicht geklappt hat."------------------------------Schuss mit 50 000 Volt // Das Berliner SEK testet seit August 2001 acht Air-Taser. Diese rund 500 Dollar teure Elektroimpuls-Waffe wurde in den USA entwickelt. Dort wird sie auch eingesetzt.Mit dem Taser werden zwei pfeilähnliche Elektroden verschossen, die sich in der Kleidung der Zielperson verhaken. Die Pfeile bleiben über sieben Meter lange Drähte mit dem Abschussgerät verbunden. Über die Drähte werden per Knopfdruck 50 000 Volt übertragen. Der Getroffene erstarrt mehrere Sekunden lang und kann so überwältigt werden. Nach Abschalten des Stroms kann er sich sofort wieder bewegen.Bleibende Gesundheitsschäden durch Taser-Einsatz sind nicht bekannt geworden. In Berlin war die Waffe sechs Mal erfolgreich eingesetzt worden.