Zuerst attestierte Finanzminister Christian Lindner den Befürwortern der beiden Maßnahmen „Gratismentalität à la bedingungsloses Grundeinkommen“, was „nicht fair gegenüber denjenigen wäre, die auf das Auto angewiesen sind.
Dann legte auch die FDP-Bundestagsabgeordnete Carina Konrad nach. Das 9-Euro-Ticket zu verlängern wäre nicht nur unbezahlbar, schrieb sie auf Twitter, sondern sogar „unsozial“, vor allem gegenüber den Menschen ohne Zugang zum öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV). Deutschland stehe vor gigantischen Herausforderungen, fügte die Politikerin hinzu. Da seien „Kamelle Forderungen“ keine Lösung, sondern „verantwortungslos“.
Das #9EuroTicket zu verlängern, wäre nicht nur unbezahlbar, sondern auch unsozial, vor allem gegenüber den Menschen ohne Zugang zum ÖPNV. Deutschland steht vor gigantischen Herausforderungen, da sind Kamelle Forderungen keine Lösung, sondern verantwortungslos.
— Carina Konrad (@carina_konrad) August 7, 2022
Die Äußerung von Konrad zum „unsozialen“ ÖPNV sorgte auf Twitter sofort für viel Aufruhr. „Den Tankrabatt zu verlängern, wäre nicht nur unbezahlbar, sondern auch unsozial, vor allem gegenüber Menschen ohne Zugang zu Aktienpaketen von Mineralölkonzernen“, ironisierte die Influencerin Marie von den Benken.
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„Fast jeder hat Zugang zum ÖPNV“, konterte seinerseits der Nutzer Otmar Hörl und veröffentlichte eine entsprechende Karte.
Fast jeder hat Zugang zum ÖPNV. pic.twitter.com/RSF2qZ91Uk
— Otmar Hörl (@ohoerl) August 7, 2022
„Mehr Unsinn passt in 280 Zeichen nicht rein“, kritisierte auch der Ökonom und Kolumnist der Berliner Zeitung Maurice Höfgen.
Mehr Unsinn passt in 280 Zeichen nicht rein. https://t.co/tT8Z0BooJK
— Maurice Höfgen (@MauriceHoefgen) August 7, 2022
FPD-Politikerin erklärt sich
Die Berliner Zeitung hat bei Carina Konrad deswegen nachgefragt, wen sie eigentlich mit diesen „Menschen ohne Zugang zum ÖPNV“ meint. Hier ihre Antwort:
„Nicht in allen Regionen Deutschlands ist eine ÖPNV-Abdeckung vergleichbar mit Metropolregionen wie Berlin gegeben. Mancherorts auf dem Land fährt kaum oder gar kein Bus“. Deswegen sehe sie die Verlängerung des 9-Euro-Tickets, das aber von der Allgemeinheit finanziert werden müsse, „ohne dass alle davon profitieren können“, kritisch.
Conrad weiter dazu: „Es ist nicht fair, wenn hart verdientes Geld der Bürgerinnen und Bürger auf dem Land ein vergünstigtes ÖPNV-Ticket für Großstädter subventioniert, ohne dass die Mobilitätsbedürfnisse auf dem Land nachhaltig verbessert werden“. Die knappen Haushaltsmittel müssten, so Conrad, „klug und gezielt eingesetzt werden“, um das ÖPNV-Angebot auszubauen, mit Sanierung und dem Ausbau der Infrastruktur als oberster Priorität. Auf die Frage der Berliner Zeitung, ob die Verlängerung des Tankrabatts in diesem Sinne für die Dorfmenschen, die auf ein Auto angewiesen sind, ein sozialer Ausgleich zum 9-Euro-Ticket wäre, ist die FDP-Politikerin nicht eingegangen.
Inzwischen gibt es einen Vorschlag des SPD-Chefs Lars Klingbeil, einen günstigen Nachfolger des 9-Euro-Tickets aus der Übergewinnsteuer zu finanzieren. In der Bundesregierung unterstützen auch die Grünen eine zusätzliche Abgabe für Konzerne, doch genau die FDP lehnt sie ab. Bundeskanzler Scholz (SPD) hatte Anfang August den Vorstoß allerdings auch nicht unterstützt.