AfD: Juristen räumen Klage Chancen ein – Partei will kein Prüffall sein

Berlin - Das Kölner Verwaltungsgericht rechnet in rund drei Wochen mit einer Entscheidung über den Eilantrag der AfD gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Die Partei will der Behörde verbieten lassen, sie öffentlich einen „Prüffall“ zu nennen. Dies habe einen stigmatisierenden Charakter, sagt die AfD. Der Verfassungsschutz habe nun eine Woche Zeit für eine Stellungnahme, sagte eine Gerichtssprecherin am Donnerstag. Die zuständige Kammer gehe von einer Entscheidung in etwa drei Wochen aus.

Eine Partei kann zum Prüffall werden, wenn die Behörden erste Anzeichen für extremistische Bestrebungen erkennen. Bei einem Prüffall ist eine Beobachtung mit V-Leuten oder anderen nachrichtendienstlichen Mitteln aber grundsätzlich nicht erlaubt. BfV-Chef Thomas Haldenwang hatte die Entscheidung am 15. Januar in einer Pressekonferenz öffentlich gemacht.

Bedenken in den Landesämtern

Der Verfassungsrechtler Ulrich Battis sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Das öffentlich zu machen, war ein bedauerlicher Formfehler. Es ändert aber nichts daran, dass der Verfassungsschutz gute Gründe für die Prüfung hat. Durch eine Klage kann man das nicht rückgängig machen.“ In Justizkreisen wird diese Einschätzung geteilt; zugleich wird darauf verwiesen, dass sich die verschiedenen Stufen der Beobachtung im Gesetz nicht wieder fänden. Das mache die Sache schwierig.

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Aus Kreisen der Landesämter für Verfassungsschutz verlautete bereits am Tag der Verkündung, „Prüffälle“ zu veröffentlichen, sei eigentlich nicht üblich. Sie monierten überdies, nicht rechtzeitig informiert worden zu sein, obwohl sie das Material zusammengetragen hatten.

Ein Landesinnenminister sagte dem RND, selbst wenn die AfD Recht bekomme, ändere dies an der tatsächlichen Prüfung nichts. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sei dann lediglich gezwungen, den „Prüffall“ AfD nicht mehr als solchen zu benennen. Täte sie es doch, müsste sie nach dem Willen der AfD ein Ordnungsgeld in Höhe von 10000 Euro zahlen.

Haldenwang hatte auf der öffentlichen Pressekonferenz Mitte Januar erklärt, die Gesamtpartei als „Prüffall“ sowie den rechtsnationalen „Flügel“ um den Thüringer Landeschef Björn Höcke sowie die Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ (JA) als „Verdachtsfall“ einzustufen.

Anschließend war das als vertraulich eingestufte Prüfgutachten über die Medien an die Öffentlichkeit gelangt. Auch dagegen hat die AfD immer wieder protestiert. „Die Prüfung, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz wegen der Weitergabe vertraulicher Informationen zur AfD an die Medien Strafanzeige stellen wird, dauert noch an“, heißt es in einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der AfD, die dem RND vorliegt.

Klage auch gegen Begründungen

AfD-Vizefraktionschef Leif-Erik Holm bezeichnete es als „Skandal“, dass das Bundesamt „noch immer keine Ermittlungen wegen der Herausgabe vertraulicher Dokumente eingeleitet“ habe. Er sprach gegenüber dem RND von „einer inszenierten Kampagne“. Die Klage der AfD richtet sich ferner gegen die Begründungen in dem 443-seitigen Verfassungsschutzdossier. Außerdem werde die Partei daran gehindert, am politischen Geschehen teilzunehmen, heißt es in ihren Reihen. Der Staat setze die AfD in der Wählergunst herab.

Laut „Süddeutscher Zeitung“ war Regierungsjuristen offenbar bewusst, dass das BfV mit der Veröffentlichung ein juristisches Risiko eingeht. Der Verfassungsschutz habe sein Vorgehen aber damit begründet, dass der öffentliche Hinweis auf „mangelnde Verdichtung von Anhaltspunkten“ eher zu einer Entlastung der AfD führe. (RND)