AfD-Stiftung könnte noch dieses Jahr 70 Millionen Euro Steuergelder erhalten

Am Mittwoch entscheidet das Bundesverfassungsgericht zur Förderung der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung. Kritiker warnen vor „rechtsextremer Kaderschmiede“

Erika Steinbach (AfD), Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung, im Bundesverfassungsgericht im Oktober 2022
Erika Steinbach (AfD), Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung, im Bundesverfassungsgericht im Oktober 2022dpa

Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, warnt in einem Gespräch mit Journalistinnen und Journalisten vor der finanziellen Förderung der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES). „Wird die Stiftung gefördert“, sagt er, „alimentiert die Demokratie ihre Feinde.“ Mendel befürchtet, dass die „extrem rechte Denkfabrik“ der AfD, wie er die DES nennt, am Mittwoch vor dem Bundesverfassungsgericht recht bekommen und Fördermittel von bis zu 70 Millionen Euro erhalten könnte.

Alle großen Parteien haben eine Stiftung, die jeweils nach einer bekannten Persönlichkeit benannt ist: Friedrich Naumann für die FDP, Konrad Adenauer für die CDU und Friedrich Ebert für die SPD. Die DES wurde im Jahr 2016 gegründet. Wie diese Stiftung finanziert wird, hängt auch von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts am Mittwoch ab.

Der Verein zur Organisation von Politikkampagnen Campact und die Bildungsstätte Anne Frank luden deshalb jetzt zu einem Pressegespräch ein. Besprochen wurden das bisherige Wirken der DES und mögliche Auswirkungen des Gerichtsurteils. Bisher gibt es für die Verteilung von Fördermitteln an diese Stiftungen keinen gesetzlichen Rahmen, es gilt eine Art „Gewohnheitsrecht“. 

Meron Mendel warnt davor, dass die Stiftung „neue Björn Höckes“ ausbilden könnte, die in Wissenschaft, Wirtschaft und Medien Einzug halten und dabei staatlich gefördert werden. Die Strategie sei, demokratiefeindliche Positionen durch die Stiftungen in alle gesellschaftlichen Bereiche zu integrieren. „Es braucht keinen Sturm auf den Bundestag, wenn die Putschisten schon drinsitzen und die Türen öffnen können.“

Die DES verschreibt sich laut Website „der Förderung des demokratischen Staatswesens und der Vermittlung staatsbürgerlicher Bildung“. Die AfD zieht mit ihrer Klage vor das Bundesverfassungsgericht, weil der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages und das Innenministerium bisher die Fördermittel nicht bewilligt haben. Das verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz für die Verteilung von Fördermitteln an die parteinahen Stiftungen, so die AfD.

SPD als Bremse für eine gesetzliche Regelung?

Campact erstellte einen Gesetzesentwurf, der für die Ampelkoalition als Vorschlag dienen soll. Dieser sieht vor, dass Fördermittel nur dann freigeschaltet werden, wenn der Empfänger aktiv für die Förderung demokratischer Grundsätze und Menschenrechte einsteht und die nahestehende Partei vom Bundesverfassungsgericht nicht als extremistisch eingestuft wird. Nach dem Campact-Vorschlag sollen die Gelder nicht mehr nur pauschal vergeben werden, sondern ein Teil als Projektförderung an bestimmte Bedingungen zur aktiven Demokratieförderung geknüpft sein. Als Kontrollinstanz sieht der Vorschlag das Bundestagspräsidium vor.

Zwar hätten die Ampel-Parteien sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, ein Gesetz zur Regelung der Stiftungsförderung zu verabschieden, sie hätten dies aber bisher nicht getan, sagt die Campact-Mitarbeiterin Miriam Schader. Das liege nach ihrer Einschätzung insbesondere an der SPD, da die Grünen in Gesprächen mit Campact deutlich interessierter und engagierter gewirkt hätten. „Die SPD hat Gesprächsangebote häufig nicht wahrgenommen“, so Schader. Von dem Urteil am Mittwoch erwarte sie eher einen Entscheid pro DES. „Das erhöht zwar den politischen Druck auf die Ampel“, sagt sie, „das bedeutet aber auch, dass die DES schon dieses Jahr viele Fördermittel erhält.“