Angriff auf Atomanlagen: US-Militär spielt Krieg gegen den Iran durch

Das Szenario ist erschreckend plausibel: Israel bombardiert die iranischen Atomanlagen, und der Iran schlägt zurück. Iranische Raketen treffen ein amerikanisches Kriegsschiff im Persischen Golf, 200 US-Soldaten sterben. Die USA ordnen daraufhin eigene Luftangriffe auf die Atomanlagen im Iran an.

Zwei Wochen lang hat das US-Militär genau dieses Szenario in einer großangelegten Übung nachgespielt, wie die "New York Times" berichtet. Das Ergebnis habe die Militärführung tief besorgt: Nach Einschätzung der Generäle werde ein israelischer Militärschlag gegen den Iran gleichermaßen unvorhersehbare und unkontrollierbare Folgen haben, heißt es in der Zeitung.

Besonders beunruhigt zeigte sich General James Mattis, der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte im Nahen Osten, dem Persischen Gold und Südwest-Asien, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Teilnehmer der Übung. Nach dem Abschluss des Planspiels Anfang März habe General Mattis erklärt, ein israelischer Erstschlag werde mit großer Wahrscheinlichkeit verhängnisvolle Folgen für die Region und die dort stationierten US-Truppen haben.

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Atombombe würde nur verzögert

Die Übung sei keine Generalprobe für ein Eingreifen der USA gewesen, betonten die Militärs. Das Ziel sei gewesen, die interne Kommunikation und Koordination zwischen Einsatzkräften im Pentagon, dem Hauptquartier CentCom in Tampa, Florida, und im Persischen Golf zu testen. Das US-Militär hält solche Übungen mit dem Namen "Internal Look" (Innenblick) zweimal im Jahr ab, um sich auf mögliche Einsätze vorzubereiten.

In dem Planspiel sei der US-Generalstab davon ausgegangen, dass die israelischen Luftschläge das iranische Atomprogramm um ungefähr ein Jahr zurückwerfen würde, berichtete die New York Times. Die anschließenden amerikanischen Luftangriffe würden auch nur einen Zeitgewinn von weiteren zwei Jahren schaffen, bis der Iran eine Atombombe bauen könne. Andere Militärplaner im Pentagon hätten aber darauf hingewiesen, dass die US-Langstreckenbomber und Präzisionsraketen fähig seien, das iranische Atomprogramm weitaus gründlicher zu zerstören. Dazu müsse Präsident Obama aber einen sehr viel umfassenderen Gegenschlag befehlen.

Die israelische Regierung erwägt einen Luftangriff auf die iranischen Atomanlagen, sollte kein anderer Weg gefunden werden, den Iran vom Bau einer Atombombe abzuhalten. Ob Obamas Drängen zu Zurückhaltung Erfolg haben wird, ist ungewiss. Heute hält sich der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak zu Besuch in Berlin auf. Bei seinen Gesprächen mit Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziere dürfte das Vorgehen gegenüber dem Iran im Mittelpunkt stehen.