Ankerzentren für Asylbewerber in Bayern gestartet
München - Bundesinnenminister Horst Seehofer hat die Eröffnung erster sogenannter Ankerzentren für Migranten in Bayern begrüßt. „Dadurch werden schnelle und sichere Asylverfahren ermöglicht“, erklärte der CSU-Politiker am Mittwoch schriftlich in Berlin. „Ich bin zuversichtlich, dass andere Länder in Kürze folgen und die Anker-Einrichtungen sich als Erfolgsmodell erweisen werden.“
„Anker“ steht für Ankunft, Entscheidung, kommunale Verteilung beziehungsweise Rückführung. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Einrichtungen sollen Asylverfahren beschleunigen – und damit auch Abschiebung oder Rückführung derjenigen Migranten, die kein Bleiberecht haben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), die Bundesagentur für Arbeit, Jugendämter, Justiz- und Ausländerbehörden sollen dort vertreten sein. An den sieben bayerischen Standorten Donauwörth, Zirndorf, Regensburg, Deggendorf, Schweinfurt, Bamberg und Manching wurden bestehende Einrichtungen in Ankerzentren umgewidmet. Etwa 1000 bis 1500 Flüchtlinge sollen dort jeweils untergebracht werden.
Höchstens 18-monatiger Aufenthalt geplant
Das Ziel ist, Asylbewerber vor Abschluss ihres Asylverfahrens gar nicht erst auf die Kommunen zu verteilen. Wird ein Antrag abgelehnt, sollen die Betroffenen dem Plan zufolge vielmehr direkt aus den Ankerzentren heraus abgeschoben werden. Der Aufenthalt in den Einrichtungen soll in der Regel nicht länger als 18 Monate dauern, Familien mit minderjährigen Kindern sollen dort nicht länger als sechs Monate untergebracht werden. Kritiker sprechen von „Isolation“ und „Internierung“ der Betroffenen. Im Übrigen können Abschiebungen trotz abgelehnter Asylanträge aus rechtlichen oder praktischen Gründen scheitern – so etwa dann, wenn ein Land einen Flüchtling nicht zurück nimmt. In diesen Fällen ließen sich die vorgesehenen Fristen dann nicht halten, und Flüchtlinge müssten länger in den Ankerzentren verharren.
Seehofer hatte Anfang Mai keinen Zweifel daran gelassen, dass er entschlossen sei, die Ankerzentren zu errichten. Bis zum Spätsommer sollten fünf oder sechs Pilotprojekte starten, sagte er damals, und nach einer Probephase von sechs Monaten in den Normalbetrieb übergehen. Die Politprojekte sollten in Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und in einem ostdeutschen Bundesland stattfinden. Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen hätten sich bereits freiwillig gemeldet, heiß es. Bisher ist allerdings kein einziges Land außer Bayern aktiv geworden.
Lischka: „Seehofer hat es versäumt, Standards zu setzen“
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, sagte dieser Zeitung am Mittwoch: „Die Umwidmung der Ankerzentren in Bayern ist nicht mit praktischen Veränderungen verbunden. Und nur ein paar Schilder auszuwechseln, ist albern.“ Er fügte hinzu, Seehofer habe es versäumt, bei der Innenministerkonferenz in Quedlinburg im Juni konkrete Vorschläge zu unterbreiten und „ein paar Standards zu setzen“. Stattdessen habe er dort angekündigt, mit einigen Ländern bilaterale Gespräche zu führen. Das aber führe auch nicht weiter. Der SPD-Politiker selbst war in der vorigen Woche in der Aufnahmeeinrichtung in Bamberg zu Gast, die nun ebenfalls als Ankerzentrum firmiert. „Dort ändert sich praktisch nichts“, betonte er.
Seehofers Pläne stocken
In dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) soeben kritisiert: „Seehofer konzentriert sich auf öffentlichkeitswirksame Symbole. Das halte ich im Bereich der inneren Sicherheit für gefährlich.“ Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) sagte, der 69-Jährige agiere mit „inhaltslosen Begriffshülsen“.
Tatsächlich stocken auch die Verhandlungen mit anderen europäischen Ländern über die Rücknahme dort bereits registrierter Flüchtlinge. Sie sind das Ergebnis des unionsinternen Streits über Seehofers „Masterplan“. Eigentlich hatte der Bundesinnenminister die Verhandlungen bis Ende Juli beziehungsweise Anfang August abschließen wollen. Seine Sprecherin Eleonore Petermann räumte jedoch bereits am Montag ein, dass die Umstände für diese Verhandlungen schwierig seien. Ein Ende ist daher nicht in Sicht.