Aufbau Ost hat im GroKo-Sondierungspapier anscheinend keine Priorität

Eines lässt sich bei aller Zurückhaltung schon feststellen: Der sich nun aufs Neue anbahnenden Großen Koalition ist zum Aufbau Ost bisher nicht viel eingefallen. Im Sondierungspapier findet sich dazu an vielen Stellen im besten Fall ein Absatz, im zweitbesten Fall ein Halbsatz – und oft auch einfach gar nichts. Das Thema hatte offenbar keine Priorität. Dabei sollte, ja dabei kann es nicht bleiben, auch im westdeutschen Interesse nicht.

Staat muss die Lücke zwischen West und Ost schließen

Der ökonomische Abstand zwischen Ost- und Westdeutschland ist unverändert enorm. Das schlägt sich in allen anderen Kennziffern nieder – so etwa in der Steuerdeckungsquote, also in dem Vermögen von Ländern oder Kommunen, die eigenen Ausgaben durch eigene (Steuer-)Einnahmen zu decken. So lange sich die Lücke im Osten nicht von selbst schließt, wird der Staat sie schließen müssen. Der Staat, das sind in diesem Fall die westdeutschen Steuerzahler.

Es sei denn, man will bestimmte Gegenden vollständig der Verwahrlosung hingeben. Der ökonomische Abstand ist aber mehr denn je auch politisch ein Problem. Das haben die Erfolge der AfD bei der Bundestagswahl in den gar nicht mehr neuen Ländern deutlich gezeigt. Es geht längst nicht mehr um die Höhe des Bruttoinlandsprodukts hier wie dort. Es geht um die Zukunft der Demokratie.

Strukturschwache Regionen sind Gefahr für die gesamte Republik

Die Konsequenz aus all dem muss nicht zwangsläufig ein Sonderprogramm Ost sein. Die neue Regierung muss sich den strukturschwachen Regionen in jeder Hinsicht ganz anders zuwenden, als das zuletzt geschah. Sonst wird aus der Gefahr für die Demokratie in Sachsen oder Sachsen-Anhalt eine Gefahr für die Demokratie in der gesamten Republik. Wer sich den strukturschwachen Regionen zuwendet, der wird allerdings ganz von allein einen Schwerpunkt auf Ostdeutschland legen müssen. Denn hier sind sie mehrheitlich zu finden.