Außenminister-Treffen: Nato schickt Patriot-Raketen

Berlin - Trotz russischer Bedenken haben die Außenminister der Nato am Dienstag die Verlegung von Flugabwehrraketen des Typs Patriot in die Türkei beschlossen. Die Bundeswehr wird sich mit voraussichtlich ein bis zwei Staffeln und bis zu 170 Soldaten an dem Einsatz beteiligen. Die Zustimmung des Bundestags zu dem Einsatz gilt als sicher, nachdem auch die SPD ihr Einverständnis signalisiert hatte.

Die türkische Regierung hatte um die Patriot-Raketen gebeten, um mögliche Bedrohungen aus dem Nachbarland Syrien abzuwehren. Angesichts der jüngsten Erfolge der syrischen Rebellen fürchtet die Regierung in Ankara, Präsident Bashir al-Assad könnte so unter Druck kommen, dass er Chemiewaffen gegen die Aufständischen einsetzt. Die Patriot-Batterien sollen dafür sorgen, dass solche Raketen abgeschossen werden können, bevor sie versehentlich türkisches Territorium treffen.

In den vergangenen Monaten war es das türkische Grenzgebiet wiederholt unter den Beschuss von Mörsergranaten aus Syrien gekommen. In mehreren Fällen hatte die türkische Armee zurückgeschossen. Aber weder Ankara noch Damaskus haben ein Interesse an der Eskalation dieser Kämpfe; der türkischen Regierung geht es offenbar wirklich darum, ihre Bevölkerung vor Irrläufern zu schützen. Syrien soll über riesige Mengen von Senfgas, Sarin und womöglich auch VX-Gas verfügen.

Obama warnt Assad

"Wir haben aus verschiedenen Quellen erfahren, dass die Syrer ballistische Raketen und chemische Gefechtsköpfe einsetzen werden", sagte ein türkischer Regierungsvertreter der Zeitung Guardian. "Erst haben sie die Infanterie gegen die Rebellen vorgeschickt. Dabei starben oder desertieren viele Soldaten. Dann haben sie Panzer eingesetzt, die durch Panzerabwehrraketen zerstört wurden. Jetzt kämpfen sie aus der Luft. Wenn das auch scheitert, werden sie womöglich die chemischen Gefechtsköpfe einsetzen. Das ist der Grund, warum wir die Nato um Schutz gebeten haben."

Amerikanische Zeitung hatten berichtet, die Nachrichtendienste hätten in jüngster Zeit verstärkt Bewegungen um die syrischen Armeestützpunkte herum beobachtet, wo chemische Waffen gelagert würden. Es gebe Hinweise darauf, dass die Waffen einsatzfähig gemacht werden sollten.

Vor diesem Hintergrund hatte US-Präsident Barack Obama am Montag den syrischen Präsidenten Assad nachdrücklich vor dem Einsatz von Chemiewaffen gewarnt. "Die Welt schaut zu", sagte Obama bei einem Besuch der National Defense University in Washington. "Wenn Sie den tragischen Fehler begehen, diese Waffen einzusetzen, wird das Konsequenzen haben, und Sie werden zur Verantwortung gezogen werden."

Lawrow warnt vor "Übertreibung"

Russland, der engste internationale Verbündete des syrischen Regimes, hält den geplanten Patriot-Einsatz in der Türkei für falsch. Außenminister Sergej Lawrow nutzte sein für Treffen mit den Nato-Außenministern, um noch einmal gegen die Verlegung der Flugabwehrraketen zu protestieren. Die Entscheidung der Nato konnte er dennoch nicht aufhalten..

Nach dem Treffen äußerte sich Lawrow zurückhaltend. „Wir haben keine Einwände, wir mischen uns nicht in die Anwendung des Nato-Vertrags durch die Türkei ein“, sagte er auf die Frage, ob Moskau gegen die Entsendung der „Patriot“ sei. „Wir weisen nur darauf hin, dass die Bedrohung nicht übertrieben werden sollte. Ja, es gab Artillerieangriffe (auf die Türkei), aber wir glauben nicht, dass das Absicht war.“

Lawrow bezweifelte Berichte, wonach Syrien seine Chemiewaffen an andere Standorte gebracht habe. „Solche Botschaften oder Gerüchte hören wir nicht zum ersten Mal“, sagte er. Russland überprüfe dies immer sehr genau „und jedes Mal stellt sich heraus, dass nichts Derartiges geschehen ist“.

Die Stationierung werde rein defensiven Zwecken dienen, versicherten Nato-Vertreter. Wo genau die Patriot-Systeme aufgestellt werden sollen, prüfen die Experten des Bündnisses zur Zeit noch . Klar ist, dass die Patriots aus Deutschland, den Niederlanden und den USA kommen werden; nur diese drei Länder verfügen über relativ moderne Systeme, die imstande sind, feindliche Flugzeuge oder Raketen abzuschießen. (mit dpa)