Bayern schenkt sich mal eben die Impfpflicht

In der Corona-Pandemie macht jetzt jeder, was ihm gefällt. Nein, nicht die Bürger – die Politiker.

Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und Vorsitzender der CSU.
Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und Vorsitzender der CSU.dpa/Sven Hoppe

Das wäre ja noch schöner, wenn am Montag alle Aufmerksamkeit nur der Regierung und ihren vielfältigen außenpolitischen Einsätzen gegolten hätte. Nicht mit Markus Söder: Der bayerische Ministerpräsident hat mal eben für einen Paukenschlag gesorgt. Flankiert von weiteren Öffnungsmaßnahmen hat er die Impfpflicht für Pflegekräfte, die ab Mitte März eingeführt werden sollte, in seinem Bundesland de facto außer Kraft gesetzt.

Impfpflicht für Pflegekräfte: Im November waren noch alle Länderchefs dafür

Beschlossen worden war diese spezielle Impfpflicht erst im November – einstimmig von allen Ministerpräsidenten. Darauf wies die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, umgehend per Tweet hin. Für die Bundespolitik ist Söders unabgestimmtes Vorgehen verheerend. Im Bundestag sollen Mitte Februar gleich mehrere Gruppenanträge zur allgemeinen Impfpflicht diskutiert werden. Doch dass einer der Vorschläge tatsächlich eine Mehrheit erhält und dass dieser dann auch in absehbarer Zeit realisiert wird, ist seit Montag wieder ein bisschen unwahrscheinlicher geworden. Gleichzeitig ist die Politik – man muss es wirklich so sagen – wieder ein bisschen unglaubwürdiger geworden.

Die Corona-Politik in der Bundesrepublik war in den vergangenen zwei Jahren nie wirklich einheitlich, egal, wie oft und wie lange die berühmt-berüchtigte Ministerpräsidentenkonferenz tagte. Doch jetzt ist selbst der Minimalkonsens aufgerieben. Wie kann man allen Ernstes eine Impfpflicht für bestimmte Einrichtungen oder Berufsgruppen verabreden und dann noch vor der Einführung einfach darauf pfeifen? Söder, der seine Politik gerne mit zweifelhaften Sprachbildern verkauft, sagt, dass man eine „Tür in der Omikron-Wand“ suchen müsse. Das ist komplett sinnbefreit – es sei denn, man versteht es so, dass er einen persönlichen Ausweg sucht. Auch in Bayern wird im nächsten Jahr gewählt.