Ramona Pop nicht mehr arbeitslos. Aber was macht sie jetzt eigentlich?
Berlins ehemalige Wirtschaftssenatorin ist jetzt Lobbyistin bei der Verbraucherzentrale. Kritiker sagen, das verdanke sie vor allem ihrem Parteibuch.

Es wird eine aufregende Woche für Ramona Pop, die erste an neuer Wirkungsstätte. Berlins ehemalige Wirtschaftssenatorin tritt einen neuen Job an. Sie ist nun alleiniger Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen mit Sitz in der Kochstraße in Berlin-Kreuzberg zählt zu seinen Aufgaben: Verbraucherinteressen vertreten, Verbraucherinformation und -beratung fördern, Märkte beobachten, Rechte durchsetzen, Verbraucherbildung stärken. Dem Vorstand unterstehen unter anderem die Geschäftsbereiche Kommunikation, Marktbeobachtung und Verbraucherpolitik. Wie es auf der Webseite heißt, ist der Verband auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene aktiv und hat Büros in Berlin und Brüssel. Außerdem: „Er arbeitet gemeinnützig, ist parteineutral und allein den Interessen der Verbraucher:innen verpflichtet.“
In eigener Sache: Zum 1. Juli übernimmt @RamonaPop die Leitung des @vzbv als Vorständin. Wir freuen uns sehr! https://t.co/RkC5bhV7Yz
— Verbraucherzentrale (@vzbv) May 23, 2022
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Begriff „parteineutral“. Ramona Pop ist Grüne, durch und durch. Mit 20 Jahren ist sie der Partei beigetreten, hat in Berlin zunächst als einfache Abgeordnete, dann als Fraktionschefin Karriere gemacht und es am Ende zur Landesministerin gebracht. Zwischenzeitlich galt Pop als Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl, doch daraus wurde nichts.
So deutete sich nach der Wahl im vergangenen Herbst ein Abschied aus der Berliner Landespolitik mehr und mehr an, zwei Monate später machte Ramona Pop ihren Weggang öffentlich. Spekulationen, sie könnte Chefin der (landeseigenen) Berliner Wasserbetriebe werden oder in einem der vielen neuen Grünen-Bundesministerien als Staatssekretärin unterkommen, wurden nicht wahr.
So war es eine Überraschung, als Ende Mai gemeldet wurde, die 44-Jährige fange am 1. Juli beim Verbraucherzentrale Bundesverband an. Bisher hatte sie als Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe eher auf der anderen Seite gestanden.
Pops Vorvorgänger ist Chef der Bundesnetzagentur
Dort wird Ramona Pop Nachfolgerin von Jutta Gurkmann, die diesen Posten nach nur vier Monaten wieder aufgibt. Gurkmann hatte zwischenzeitlich Klaus Müller ersetzt, der im Februar nach acht Jahren als Vorstand der Verbraucherzentralen zur Bundesnetzagentur wechselte. Die Agentur ist eine Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums.
Bundeswirtschaftsminister ist Robert Habeck (Grüne). Auch Klaus Müller hat ein grünes Parteibuch. Er war von 2000 bis 2005 Umwelt- und Landwirtschaftsminister in einer rot-grünen Koalition in Schleswig-Holstein. Als die Grünen in Kiel aus der Regierung flogen, ging er zur Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, von wo aus er schließlich zum Chef des Bundesverbandes aufrückte. Der aktuelle Chef in NRW heißt Wolfgang Schuldzinski. Er ist gleichzeitig Vorsitzender des Verwaltungsrates, der den Vorstand beruft. Schuldzinski ist Mitglied des Wirtschaftsbeirats der Grünen in NRW.
Hauptgeldgeber des Bundesverbandes ist die Bundesregierung. Wie aus dem Jahresbericht des Verbandes aus dem Jahr 2020 hervorgeht, erhielt er 21,5 Millionen Euro, davon wurden elf Millionen Euro für Personalkosten aufgewendet. Seit diesem Jahr kommen die Zuwendungen aus dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Ministerin ist Steffi Lemke, eine Grüne.
FDP-Politiker sieht die Verbraucherzentrale „fest in den Händen der Grünen“
Holger Krestel glaubt nicht an einen Zufall. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung berichtet der verbraucherschutzpolitische Sprecher der FDP im Abgeordnetenhaus davon, dass man „in politischen Kreisen weiß, dass die Verbraucherzentrale seit vielen Jahren fest in den Händen der Grünen ist“. So wie Krestel es sieht, hat Ramona Pop den Job beim Bundesverband bekommen, „weil die Grünen ihren politischen Einfluss geltend gemacht haben“.
So scharf mag Christian Gräff nicht urteilen. Der CDU-Wirtschaftspolitiker weist darauf hin, dass Ramona Pop die für die Berliner Landesebene mittlerweile geltende sechsmonatige Karenzzeit für Senatoren einhält. So lange dürfen sie keine Erwerbstätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes antreten. Eine solche Tätigkeit könnte vom amtierenden Senat sogar für 18 Monate untersagt werden, sofern „eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen zu befürchten ist“. Dazu sei im Falle Pop nichts bekannt.
Gräff fragt dagegen vielmehr nach der Sinnhaftigkeit des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Während die Landesverbände etwa bei Beratung und Aufklärung wertvolle Arbeit leisteten, könne man sich fragen: „Wofür braucht es den Bundesverband?“ Für FDP-Mann Krestel ist die Bundeszentrale „ein Wasserkopf mit Leuten, die sich den Kopf über Lebensmittelampeln zerbrechen“.
Doch vielleicht ändert sich mit Ramona Pop ja etwas. Ihr Vorvorgänger Klaus Müller fiel in seiner achtjährigen Amtszeit allenfalls Fachleuten auf. Also sagt Krestel: „Ich würde erwarten, dass sie überhaupt mal deutlich auftritt und sich dadurch für den Verbraucherschutz einsetzt. Vor allem die Landeszentralen können jede Unterstützung gebrauchen.“
Auf Anfrage der Berliner Zeitung wollte der Bundesverband sich zum Gehalt seiner neuen Vorständin nicht äußern.