BGH-Beschluss: Amri-Untersuchungsausschuss darf Geheimdienstakten einsehen
Karlsruhe/Berlin - Erfolg für die Opposition im Untersuchungsausschuss des Bundestags zum Fall Anis Amri und dessen Terroranschlag in Berlin: Nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe, der den Beteiligten am Dienstag zuging, kann der Ausschuss mehr Akten als bisher von Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst (BND) einsehen. Der Ausschuss hatte die Beweisanträge der Opposition im März 2018 mit Mehrheit abgelehnt. Dagegen waren Politiker von FDP, Linken und Grünen vor den BGH gezogen und hatten im August mit einem Beschluss der Ermittlungsrichterin Recht bekommen.
Strukturelles Problem oder Serie von Fehlern?
Auf die Beschwerde der Ausschussmehrheit gegen diese Entscheidung bestätigte jetzt der 3. Strafsenat den Kernpunkt der Beweiserhebung. Mit Beweisanträgen kann der Ausschuss von Behörden offiziell die Herausgabe von Akten oder die Bereitstellung von Zeugen verlangen.
Der Ausschuss soll herausfinden, ob hinter Amris Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016 ein strukturelles Problem steckt oder eine Serie von Fehlern einzelner Behördenvertreter. Bei dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz mit einem Lastwagen waren zwölf Menschen getötet und viele verletzt worden. Amri wurde später auf der Flucht in Italien von Polizisten erschossen.
FDP, Linke und Grüne kritisieren Groko
Der Beweisantrag bezieht sich auf Akten, Dokumente und Daten des Verfassungsschutzes und des BND, die dem Parlamentarischen Kontrollgremium vorgelegt wurden. Die Mehrheit des Ausschusses hatte bei der Ablehnung unter anderem mit dem Beratungsgeheimnis des Kontrollgremiums argumentiert.
Die Fraktionen von FDP, Linke und Grünen werfen der großen Koalition schon länger vor, sie behindere gemeinsam mit der Bundesregierung die Arbeit des Ausschusses: durch die Nicht-Herausgabe von Akten und die Benennung überflüssiger Zeugen.
Der Beschluss des BGH zeige nun, dass sich die notwendige Aufklärung „nicht mit den Winkelzügen der Geheimhaltung aufhalten“ lasse, sagte die Obfrau der Linksfraktion im Untersuchungsausschuss, Martina Renner. Der FDP-Obmann Benjamin Strasser forderte: „Es muss endlich Schluss mit der Blockade und Verzögerung der Aufklärungsarbeit sein.“ (dpa)