Carles Puigdemont soll an Spanien ausgeliefert werden – Entscheidung in Schleswig-Holstein

Schleswig - Nach monatelangem juristischem Gerangel soll der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont an Spanien ausgeliefert werden. Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht (OLG) erklärte am Donnerstag eine Auslieferung des Politikers wegen des Vorwurfs der Veruntreuung für zulässig, nicht aber wegen Rebellion, dem Hauptvorwurf der spanischen Justiz. Damit darf Puigdemont in Spanien allein wegen Veruntreuung belangt werden. „Der Senat geht davon aus, dass die spanischen Gerichte diesen Grundsatz beachten und nicht etwa den Verfolgten Puigdemont nach der Auslieferung wegen des Vorwurfs der Korruption auch noch wegen Rebellion verfolgen werden“, erklärte das Gericht.

Hintergrund der Auseinandersetzung um den katalanischen Politiker ist das Unabhängigkeitsreferendum vom Oktober 2017. Puigdemont ließ es abhalten, obwohl die Zentralregierung und Gerichte es als verfassungswidrig eingestuft hatten. Es kam damals zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen spanische Polizisten. Für das Referendum wurden laut spanischer Justiz 1,6 Millionen Euro ausgegeben. Sie wirft Puigdemont Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Mittel vor. Er bestreitet beide Vorwürfe.

Puigdemonts Aufenthaltsort ist dem Gericht bekannt

Der katalanische Separatistenführer war Ende März in Schleswig-Holstein festgenommen worden, nachdem er von Dänemark aus eingereist war und zurück in sein belgisches Exil wollte. Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft in Neumünster am 6. April unter Auflagen war der Politiker zunächst nach Berlin gezogen und hatte dort zwei Pressekonferenzen gegeben. Bei seinem zweiten Auftritt Mitte Mai in Gegenwart des neuen katalanischen Regionalpräsidenten Quim Torra erklärte Puigdemont: „Der einzige Weg, eine Lösung zu finden, ist, den anderen zu akzeptieren.“ Gemeint war die Zentralregierung in Madrid. Der Ball liege nun „im spanischen Feld“.

Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen

Puigdemonts aktueller Aufenthaltsort ist dem Gericht bekannt, der Öffentlichkeit jedoch nicht. Schleswig-Holsteins Generalstaatsanwalt will bereits in den kommenden Tagen die Auslieferung bewilligen. Eine Auslieferung wegen des Vorwurfs der Rebellion lehnte das Gericht in Schleswig ab, weil die Vorwürfe gegen Puigdemont weder den deutschen Straftatbestand des Hochverrats noch den des Landfriedensbruchs erfüllten. Ein Ausmaß der Gewalt, wie es die Vorschrift des Hochverrats vorsehe, sei durch die Auseinandersetzungen in Spanien nicht erreicht worden. Eine Strafbarkeit wegen Landfriedensbruchs scheide aus, weil es Puigdemont lediglich um die Durchführung des Referendums gegangen sei. Er sei kein „geistiger Anführer“ von Gewalttätigkeiten gewesen.

Puigdemonts Anwälte wollen nächste Schritte prüfen

Puigdemonts Anwälte wollen jetzt, wie sie dieser Zeitung mitteilten, „die nächsten Schritte prüfen“. Konkret wurden sie dabei nicht. Aus Puigdemonts Umfeld hieß es allerdings, man werde „in Berufung gehen“. Tatsächlich hätte der katalanische Politiker in Deutschland lediglich noch eine weitere juristische Option: Er könnte vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde einlegen. In Puigdemonts Umfeld hieß es zugleich: „Das ist ein Moment für politische Verhandlungen und nicht für eine Lösung des Konflikts über Gerichtsentscheidungen.“

Puigdemont selbst zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung der deutschen Justiz. „Damit ist die Hauptlüge des Staates ausgelöscht. Die deutsche Justiz bestreitet, dass es sich beim Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober um Rebellion gehandelt hat“, twitterte der 55-Jährige.