CDU kritisiert: „Deutschland bleibt weiterhin ein Paradies für Geldwäscher“

Hunderttausende unerledigte Fälle, wenig Transparenz: Die Opposition sieht Mängel in der zuständigen Behörde FIU – und bei der Aufsicht durch den Finanzminister.

Rund 289.000 Geldwäsche-Verdachtsmeldungen wurden bei der FIU noch nicht bearbeitet.
Rund 289.000 Geldwäsche-Verdachtsmeldungen wurden bei der FIU noch nicht bearbeitet.Silas Stein/dpa

Deutschland kommt beim Kampf gegen die Geldwäsche nicht hinterher. Am Mittwoch stellte sich heraus, dass die dafür zuständige Behörde, die Financial Intelligence Unit (FIU), viel mehr Verdachtsfälle ungeprüft vor sich herschiebt als bisher bekannt war. So kamen zu den bisher schon unbearbeiteten rund 100.000 Fällen noch mal 189.000 hinzu. Das gab das für die Aufsicht der FIU zuständige Bundesfinanzministerium am Mittwoch im Finanzausschuss des Bundestages zu.

CDU spricht von „Totalversagen der Regierung“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer spricht in dem Zusammenhang von einem „Totalversagen“ der Bundesregierung. „Deutschland bleibt weiterhin ein Paradies für Geldwäscher“, sagte er der Berliner Zeitung. Das Bundesfinanzministerium lasse seine Aufsichtspflicht seit Jahren schleifen, auch schon zur Amtszeit des damaligen Finanzministers Olaf Scholz (SPD). Sein Amtsnachfolger Christian Lindner (FDP)  habe im vergangenen August eine Reform der Regelungen zur Geldwäsche angekündigt, in der Planung seines Ministeriums finde sich dazu aber zumindest für das erste Halbjahr 2023 kein Wort. „Die Regierung braucht also mindestens ein Jahr, um auf das schlechte Zeugnis Deutschlands in der Geldwäschebekämpfung mit Maßnahmen zu reagieren“, so Hauer. Zuvor habe es über Jahre einen „Aufsichtstiefschlaf“ gegeben, dessen Ende auch jetzt nicht in Sicht scheine.

Der CDU-Abgeordnete kritisiert außerdem die wenig transparenten Berichte aus dem Bereich. Auf viele Fragen gebe es keine Antwort, mit dem Hinweis, dass sie Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik tangieren würden. „Das ist teilweise pure Geheimniskrämerei, um eigene Missstände zu verdecken“, sagt Hauer.

Der Finanzausschuss befasste sich in seiner Sitzung nicht zum ersten Mal mit der FIU und ihren Problemen. Bereits im August vergangenen Jahres hatte das Finanzministerium nach eigenen Angaben selbst zum ersten Mal von einem Rückstand von 45.000 unerledigten Fällen Kenntnis erhalten. Im September 2022 reisten Mitglieder des Ausschusses nach Köln, wo die FIU ihren Sitz hat, und sprachen vor Ort ausführlich mit Mitarbeitern und Behördenleitung. Nur wenig später wurde dann bekannt, dass es doch mehr als 100.000 Fälle seien, die die FIU-Mitarbeiter vor sich herschieben. Nun musste die Zahl abermals nach oben korrigiert werden.

Die FIU ist ein permanentes Sorgenkind der Finanzbehörden und wurde in den vergangenen Jahren immer wieder neu aufgestellt. Derzeit ist sie überdies ohne Führung, denn Mitte Dezember war der bisherige Behördenchef Christof Schulte zurückgetreten, aus persönlichen Gründen, wie es hieß.

Derzeit hat die FIU knapp 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Zahl soll bis 2026 auf 720 steigen. Experten sind der Meinung, dass der Stau unerledigter Fälle nicht an zu wenig Personal, sondern an einer technischen Unterausstattung liegt. Neben dem starken Anstieg gemeldeter Fälle, die das Geldwäschegesetz erforderlich machte, liegt es offenbar an der fehlenden IT.

Doch auch da hält sich die Behörde lieber bedeckt. Auf seine Frage, ob die FIU auch mit Künstlicher Intelligenz arbeite, erhielt der Abgeordnete Matthias Hauer nach eigenen Aussagen zwar eine positive Antwort. Um welches System es sich dabei handelt, sei ihm aber nicht mitgeteilt worden. Beim BMF ist man dennoch optimistisch. Bis zum Mai soll der Stau der offenen Fälle bei der FIU abgearbeitet sein.

Aus Regierungskreisen hieß es am Donnerstag, dass die Zahl der konkreten Verdachtsfälle sehr viel geringer sei. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums verwies auf einen Bericht des Wirtschaftsprüfungsunternehmens PricewaterhouseCoopers, wonach Ende Januar insgesamt noch 48.539 Verdachtsfälle vorgelegen hätten.