CDU und SPD vor Koalitionsgesprächen: Viel Kritik

CDU und SPD in Berlin wollen Koalitionsverhandlungen beginnen. Daran gibt es viel Kritik - nicht nur von den bisherigen Partnern der SPD. Das erste Treffen i...

ARCHIV - Kai Wegner und Franziska Giffey stehen im RBB-Studio im Abgeordnetenhaus.  Archivbild
ARCHIV - Kai Wegner und Franziska Giffey stehen im RBB-Studio im Abgeordnetenhaus. ArchivbildSebastian Christoph Gollnow/dpa/

Berlin-In Berlin wollen CDU und SPD voraussichtlich am Donnerstag zum ersten Mal zu Koalitionsverhandlungen zusammenkommen. Dann sei zunächst ein Treffen der sogenannten Dachgruppe geplant, sagte ein CDU-Sprecher am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Ein Sprecher der SPD bestätigte den Termin. Nach dem Ende der Sondierungsgespräche in der vergangenen Woche bereiten sich beide Parteien auf die Verhandlungen über eine schwarz-rote Regierung in Berlin vor.

Zuvor sollen die entsprechenden Arbeitsgruppen eingesetzt werden. Dabei wird festgelegt, wer für CDU und SPD über die Einzelthemen von Wirtschaft über Verkehr, Bildung und Klimaschutz bis innere Sicherheit verhandelt. Bei den rot-grün-roten Koalitionsverhandlungen 2021 gab es 16 solcher Gruppen, diesmal sollen es rund ein Dutzend sein.

Daneben kommt regelmäßig die Dachgruppe mit Spitzenpolitikern von CDU und SPD zusammen. Sie überarbeitet die Vorlagen aus den Fachgruppen. CDU-Landeschef Kai Wegner hat einen „sehr straffen Zeitrahmen“ angekündigt. „Wir haben gesagt, wir wollen in vier Wochen fertig sein“, sagte er am Abend nach der Entscheidung für Koalitionsverhandlungen mit der SPD am vergangenen Donnerstag.

Die Vorbereitungen auf die Verhandlungen werden allerdings von viel Kritik begleitet, auch aus der SPD. Berlins SPD-Landesvorsitzende und Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey macht sich zwar für eine Koalition mit der CDU stark, aber ihr eigener Kreisverband in Neukölln ist dagegen. Die Neuköllner SPD habe einen Antrag der Jusos beschlossen und lehne eine schwarz-rote Koalition ab, teilte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bezirksparlament, Marco Preuß, am Samstag auf Twitter mit.

Der SPD-Kreisvorsitzende Fabian Fischer sagte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag zu der Entscheidung: „Die Delegierten der SPD Neukölln haben sehr intensiv und gleichzeitig konstruktiv über das Für und Wider einer möglichen Koalition mit der CDU diskutiert.“

Laut dem Neuköllner SPD-Bundestagsabgeordnete Hakan Demir gab es auf der Kreisdelegiertenversammlung eine knappe Mehrheit von 48 zu 45 Stimmen gegen eine Zusammenarbeit mit der CDU. Bei der SPD werde es letztendlich auf das Mitgliedervotum am Ende der Koalitionsverhandlungen ankommen, twitterte er.

Die Berliner SPD will ihre Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen lassen. Der Landesvorstand hatte sich am Mittwoch mit einer Zweidrittelmehrheit für Koalitionsverhandlungen mit der CDU über die Bildung einer neuen Landesregierung ausgesprochen. Die Stimmungslage in der gesamten Partei schätze sie in etwa auch so ein, sagte Giffey am Tag nach der Entscheidung der Deutschen Presse-Agentur.

Die Berliner Jusos haben bereits eine Kampagne gegen Schwarz-Rot angekündigt. „Die Abstimmung über den Antrag der Jusos Neukölln war knapp, aber hat gezeigt, wie viele in unserer Partei eine Zusammenarbeit mit der Berliner CDU ablehnen“, twitterten sie nach der Neuköllner Entscheidung.

Widerspruch provozierte Wegner am Wochenende mit seinen Äußerungen über den umstrittenen Weiterbau der Autobahn 100 in Berlin und zur Randbebauung des Tempelhofer Felds. Wegner ist in beiden Fällen dafür und hält einen Volksentscheid dazu für eine gute Idee.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Werner Graf kritisierte das: „Berlin hat genug Baupotenziale, wir sollten zuerst die versiegelten Flächen nutzen“, sagte er der „Berliner Morgenpost“ (Sonntag). Der grüne Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, Jörn Oltmann, ergänzte, er glaube nicht, dass eine Bebauung des Tempelhofer Felds das Wohnungsproblem in Berlin lösen werde.

Kritik kam auch aus den Reihen der Berliner Linke: „Wir haben uns damals klar positioniert, und daran hat sich auch nichts geändert“, sagte Fraktionssprecher Thomas Barthel der Zeitung. „Wir schätzen diese Freifläche für die Stadt.“ Er verstehe die erneute Debatte um diesen nun durch ein Gesetz geschützten Ort nicht. „Es kommt ja auch keiner auf die Idee, den Tiergarten abzuholzen.“

Die grüne Senatorin für Umwelt und Mobilität, Bettina Jarasch, kritisierte am Samstag, mit Schwarz-Rot bekomme Berlin eine Rückschrittskoalition. „Direkte Demokratie wird rückabgewickelt durch Volksbefragungen von oben, die erfolgreiche Volksentscheide von unten rückabwickeln sollen“, sagte sie.

Das Verhältnis zwischen den bisherigen Koalitionspartnern SPD, Grünen und Linken ist aber auch jenseits solcher Sachthemen mehr als gespannt: Die Berliner Linke schließt künftige Verhandlungen mit SPD-Landeschefin Franziska Giffey inzwischen aus. „Wir dürfen jetzt auch sauer sein, und ich finde, wir sind auch zu Recht sauer“, sagte Linken-Landesvorsitzende Katina Schubert am Freitagabend bei einem Parteitag.

Dass Giffey mit dem CDU-Landesvorsitzenden Wegner Koalitionsgespräche führen wolle - „ehrlich gesagt, das ist beschämend“, sagte Schubert. Dass die bisherige Regierende Bürgermeisterin Giffey ihren bisherigen Partnern Linken und Grünen eine Mitverantwortung für das Ende der rot-grün-roten Koalition gegeben hatte, nannte Schubert „Denunziationen“. Diese seien „erstunken und erlogen“.