China und USA: Worüber haben sie in München gesprochen?

In München haben sich die Spitzdiplomaten aus China und den USA getroffen. Einem Friedensplan aus Peking begegnet der Westen mit Skepsis. 

Antony Blinken und Wang Yi im Jahr 2022 in Bali.
Antony Blinken und Wang Yi im Jahr 2022 in Bali.Stefani Reynolds/AFP

Das erste Treffen zwischen den USA und China auf der Ebene der Spitzendiplomaten hat am Samstagabend an einem unbekannten Ort im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz offenbar in angespannter Atmosphäre stattgefunden. Das berichten beide Seiten. Es war das erste Treffen nach dem Abschuss eines Ballons im US-Luftraum: US-Außenminister Antony Blinken sagte Chinas ranghöchstem Außenpolitiker Wang Yi laut einer Mitteilung des Außenministeriums, dass die Vereinigten Staaten „keine Verletzung unserer Souveränität und der hochgelegenen Überwachungsprogramme der VR China hinnehmen werden“. Der Abschuss habe die Spionageaktivitäten Chinas „bloßgelegt“, die in „über 40 Ländern auf fünf Kontinenten“ beobachtet worden seien.

Blinken warnte China außerdem davor, aktiv an der Seite Russlands in den Ukraine-Krieg einzugreifen. In seinem Interview mit der Sendung „Meet the Press“ von CBS legte Blinken am Wochenende nach und sagte, die US-Regierung werde bald neue Informationen präsentieren, um zu demonstrieren, dass Peking „stark erwägt, Russland tödliche Hilfe zu leisten“. Blinken habe mit Wang „sehr direkt und offen“ und hinsichtlich der Unterstützung Russlands „ziemlich unverblümt“ gesprochen, berichtet die AFP. Die New York Times schreibt, Wang habe sich in dem Gespräch nicht für die Luftraumverletzung durch den Ballon entschuldigt. Die Zeitung berichtet außerdem, dass China im Verdacht stehe, Satellitenaufklärung für die russischen Wagner-Söldner zu liefern und Elektronik für den militärischen Gebrauch nach Russland zu schicken .

Wang forderte Washington der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge im Zusammenhang mit dem Ballon-Abschuss auf, „den Kurs zu ändern, den Schaden anzuerkennen und zu reparieren, den ihre exzessive Gewaltanwendung den US-chinesischen Beziehungen zugefügt hat“. Es gebe viele Ballons aus vielen Ländern am Himmel. „Wollt ihr jeden einzelnen davon abschießen?“, fragte Wang laut AFP. Laut Xinhua warf Wang den USA vor, „das Überwachungsland Nummer eins“ zu sein, dessen Ballons China in großer Höhe „mehrfach illegal überflogen“ hätten. Die staatliche Global Times meldete am Sonntag, dass Hacker aus Europa und Nordamerika laut einem chinesischen Technologiebericht mehrfach die IT-System von staatlichen Behörden, Infrastruktureinrichtungen und Fluglinien angegriffen hätten.

Außenpolitiker in Washington bezeichnen laut New York Times zwar die Tatsache als positiv, dass der Gesprächskanal zwischen den beiden Supermächten wieder aktiviert wurde. So bestehe die Chance, dass der Zwischenfall mit dem Ballon zu einem Abschluss gebracht werden könne. Allerdings ist es schwer vorstellbar, dass beide Seiten schon bald wieder einen Anlauf in Richtung einer Normalisierung der Beziehungen unternehmen könnten.

Zwar kündigte Wang in München an, Peking werde am 24. Februar eine Friedensinitiative für die Ukraine vorstellen, mit der eine diplomatische Lösung und ein Ende des Krieges angestrebt werden solle. „Wir müssen in Ruhe darüber nachdenken, insbesondere unsere Freunde in Europa, welche Anstrengungen unternommen werden sollten, um die Kriegshandlungen zu beenden“, sagte Wang. Es sei zu klären, „welche Rahmenbedingungen“ es geben solle, „um Europa dauerhaften Frieden zu bringen“. Auch müsse Europa eine Antwort auf die Frage finden, welche Rolle es spielen wolle, „um seine strategische Autonomie zu manifestieren“, sagte Wang laut Politico.

Doch in Kiew und im Westen stieß die Ankündigung auf Skepsis. „China war nicht in der Lage, die Invasion zu verurteilen“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg einer Gruppe von Reportern laut Politico. Pekings Friedensplan sei „ziemlich vage“. Frieden sei nur möglich, „wenn Russland die Souveränität der Ukraine“ respektiere. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte, sie hoffe, „dass China Russland auffordert, mit dem Kämpfen aufzuhören“. Zuvor hatte sie sich laut APF erneut gegen jegliche Abtretung besetzter Gebiete an Russland ausgesprochen.

Wang Yi traf in München auch mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zusammen. Wang sagte, China und die EU sollten zusammenarbeiten, um für globale Stabilität zu sorgen. Borrell hielt sich mit Details zurück, sagte aber laut chinesischen Staatsmedien, dass die EU den Kurs der Ein-China-Politik weiter verfolge – eine Reaktion auf Proteste aus Peking wegen eines Telefonats, das der neue tschechische Präsident Petr Pavel mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen geführt hatte.