Corona-Maßnahmen: Ampel uneins, aber die Maskenpflicht soll wohl kommen
Im Herbst droht eine Corona-Welle. Doch die Koalition lässt sich reichlich Zeit mit einer Neufassung des Infektionsschutzgesetzes. Nun gibt es erste Details.

Seit Wochen gibt es vonseiten der Regierung zum Unmut der Bundesländer keine konkreten Vorschläge zur Neufassung des Infektionsschutzgesetzes. Vor allem die FDP bremst dies aus, heißt es koalitionsintern. Nun gibt es Bewegung – zumindest bei der Regelung der Maskenpflicht.
FDP-Bundesjustizminister Marco Buschmann, derzeit selbst positiv auf Corona getestet, räumte am Wochenende ein: „Die Wirksamkeit von Masken für den Einzelnen in Innenräumen ist unstreitig. Deswegen wird eine Form der Maskenpflicht in Innenräumen in unserem Konzept sicher eine Rolle spielen“, sagt er der Funke-Mediengruppe. Damit machte Buschmann ein Zugeständnis an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der seit Wochen für Maskenvorgaben wirbt. Dass sich Lauterbach und Buschmann nun einig sind, wie es mit der Corona-Politik weitergeht, wird allerdings bezweifelt. Derzeit verhandeln sie noch darüber.
Die Corona-Schutzmaßnahmen sind in der Ampel-Koalition ein heikles Thema. Während Grüne und SPD auf eine Einigung dringen und darauf, neue Maßnahmen zu beschließen, um im Falle weiter steigender Infektionszahlen im Herbst gewappnet zu sein, geht es bei den FDP-Ministern Buschmann und Christian Lindner eher darum, Freiheitsrechte zu wahren.
Die Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes laufen am 23. September aus. Der Bundestag wird über ein neues Gesetz erst nach der Sommerpause abstimmen: Der Koalition rennt die Zeit davon. Inzwischen forderte bereits Grünen-Chef Omid Nouripour: „Wir brauchen eine Einigung, so schnell es geht. Je früher wir auf den Herbst vorbereitet sind, desto besser“ – Länder und Kommunen bräuchten Vorlauf.
FDP: Bundestag kann die Neuregelungen am 8. September beschließen
Laut Buschmann könnte der Bundestag die Neuregelungen in der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause am 8. September beschließen. Er sei guter Dinge, „dass wir Ende des Monats ein Konzept haben, das wir dann im August mit den Ländern besprechen, und im September bringen wir die Änderung des Infektionsschutzgesetzes durch das Parlament“. Der Vorschlag werde klare und verständliche Regeln schaffen, die „grundrechtsschonend, also verhältnismäßig“ seien. „Wir sind uns einig in der Koalition, dass es keinen Lockdown mehr geben wird, keine pauschalen Schulschließungen und auch keine Ausgangssperren.“ Das seien „unangemessene Instrumente im dritten Jahr der Pandemie“.
Die zum Frühjahr vor allem auf Drängen der FDP stark zurückgefahrenen Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz sind die Rechtsgrundlage für Schutzmaßnahmen in den Ländern und definieren mögliche Instrumente. Allgemeine Maskenpflichten für Veranstaltungen oder beim Einkaufen fielen damit Anfang April weg. Bundesweit gilt noch Maskenpflicht in Fernzügen und Flugzeugen. Die Länder regeln dies für Busse und Bahnen im Nahverkehr sowie etwa auch für Arztpraxen und Kliniken.
Corona-Maßnahmen: Länder warten auf Signale des Bundes
Fakt ist aber auch, dass nach der Sommerwelle in der kälteren Jahreszeit mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen gerechnet werden kann, jetzt schon liegt die Inzidenz zeitweise bei über 700. Die Länder sind daher seit Wochen unruhig und warten auf Signale des Bundes. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek begrüßte dann auch am Wochenende, dass Buschmann die Wirksamkeit von Masken vor allem auch in Innenräumen endlich als „unstreitig“ bezeichne. „Zu dieser Erkenntnis zu kommen, hat lange genug gedauert“, sagte der CSU-Politiker. Die Ampel-Koalition müsse nun einen Entwurf liefern. Für die Länder sei von zentraler Bedeutung, alle notwendigen Schutzmaßnahmen schnell, effektiv und rechtssicher treffen zu können. „Wir müssen weg von diesem Schlafwagenkurs“, forderte Holetschek.
Auch Baden-Württembergs grünem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann fällt es schwer, auf eine Regelung aus Berlin warten zu müssen. Am liebsten würde er selbst den Corona-Kurs vorgeben – zusammen mit den unionsgeführten Ländern Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Aber leider könne man „vom Land aus keine Machtworte aussprechen“, bedauerte Kretschmann jüngst. Der Bund habe alles an sich gezogen.
Gesundheitsminister Lauterbach wirbt für Auffrischungsimpfung
Dort wird erst einmal diskutiert. Neben den Maßnahmen warb Lauterbach am Wochenende für eine weitere Auffrischimpfung, auch für Jüngere unter 60, nach Absprache mit dem Hausarzt. Die europäische Gesundheitsbehörde EMA hatte die Impfung kurz zuvor für Über-60-Jährige empfohlen. Der Chef der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, kritisierte den SPD-Politiker prompt. Seine Behörde werde eine eine vierte Impfung für die Gesamtbevölkerung derzeit nicht empfehlen.
Außerdem wurde bekannt, dass in Deutschland allein im letzten halben Jahr 3,9 Millionen Corona-Impfdosen des Herstellers Moderna vernichtet werden mussten, weil sie verfallen waren, teilte das Bundesgesundheitsministerium auf Unions-Anfrage mit. Die Daten über den Verfall lägen aber nur vor, wenn Ärzte und Apotheken sie an den pharmazeutischen Großhandel gemeldet hätten. Es sei keine Dose gespendet worden, hieß es. Die internationale Impfstoffallianz Gavi hatte erklärt, derzeit keine Spenden mehr anzunehmen, da es keinen Bedarf gebe. (mit dpa)