Das Ende der Basisdemokratie?
Freitag und Sonnabend wollen die Grünen einen neuen Vorstand wählen. Auf dem Parteitag sollen auch die Hürden für die Mitbestimmung wachsen.

Ein Geschenk wird er wohl sicherlich bekommen, der scheidende Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner. Er ist jetzt parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und gibt deshalb seinen Job in der Geschäftsstelle Partei auf. „Ich freue mich auf Überraschungen“, hat er in den Tagen vor dem Parteitag an diesem Wochenende gesagt. Er bezog sich damit auf ein Abschiedsgeschenk. Und überhaupt freue er sich auf den Parteitag. Es ist der zwölfte, den er organisiert hat.
Man wird sehen, wie groß die Freude an den beiden Tagen tatsächlich sein wird. Denn die Transformation der Grünen zur Regierungspartei wird diesen Parteitag prägen. Die Schlange häutet sich, die Partei auch. Neben den Wahlen zu einem neuen Bundesvorstand steht auch die Basisdemokratie zur Debatte. Die Partei soll klarere Strukturen bekommen, übersichtlicher, besser steuerbar, sagen die einen. Stromlinienförmig, sagen die anderen und sehen das Ende der Basisdemokratie gekommen.
Es geht um eine Satzungsänderung, mit der der Bundesvorstand der Tatsache Rechnung tragen will, dass die Partei gewachsen ist und zwar beträchtlich. Nicht mehr 20.000 Mitglieder wie früher einmal, sondern 125.000 hat sie jetzt. Die Strukturen seien so in der Praxis nicht mehr händelbar, sagt Kellner. „Wir hatten 3500 Änderungsanträge beim letzten Parteitag“, sagt Kellner. Auch 2013 und 2017 seien jeweils Änderungswünsche in vierstelliger Zahl zu den Programmentwürfen des Bundesvorstands angemeldet worden. „Ich bin wahrscheinlich der Einzige, der sie alle gelesen hat“, sagt Kellner.
Nun sollen die Hürden höher werden. Nicht mehr 20 Mitglieder wie bisher müssten einen Antrag unterstützen, sondern ein Quorum der Partei. Nach den Vorstellungen des Vorstands sollen künftig für eigenständige Anträge 0,1 Prozent der Mitglieder und für Änderungsanträge 0,05 Prozent der Mitglieder zusammenkommen müssen. Ob das so beschlossen wird, ist fraglich. Es gibt dazu elf Änderungsanträge. Fast alle zielen auf Erhalt der Basisdemokratie in einem ähnlichen Rahmen wie jetzt. Die Mitgliederbeteiligung werde durch den Vorschlag zur Satzungsänderung ausgehöhlt.
Insgesamt präsentiert sich die Partei gerade auf dem Weg nach oben. „Wurzeln für die Zukunft“ ist das Motto der Tagung und die Verantwortlichen lassen keinen Zweifel daran, dass sie nach dem geglückten Regierungseinzug weiterwachsen wollen. Bundesvorstand und Parteirat sowie ein neues Bundesschiedsgericht werden neu gewählt. Neben Ricarda Lang und Omid Nouripour für den Vorsitz kandidieren auch unbekanntere Parteimitglieder für die Posten. Als Politische Geschäftsführerin und damit Kellners Nachfolgerin bewirbt sich die bisherige Organisatorische Bundesgeschäftsführerin Emily Büning aus Hamburg.