Den Haag bereitet Anklagen gegen Kriegsverbrecher vor: Putin steht auf der Liste

Dass die für russische Kriegsverbrechen verantwortlichen Akteure vor Gericht erscheinen, ist unwahrscheinlich. Dennoch wäre ein Prozess ein wichtiges Symbol.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Karim Khan, der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Karim Khan, der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs.UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SER

Laut Medienberichten verfolgt der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, der Brite Karim Khan, mit Nachdruck das Ziel, zwei Verfahren wegen Kriegsverbrechen zu eröffnen und Haftbefehle gegen mehrere Russen zu erlassen, die für die Massenentführung ukrainischer Kinder und die Angriffe auf ukrainische zivile Infrastrukturen verantwortlich gemacht werden. Einer der Angeklagten könnte Wladimir Putin sein, der bereits im vergangenen Jahr ein Dekret unterzeichnet hat, dem zufolge ukrainische Kinder schneller in Russland eingebürgert werden können.

Immer wieder war zuletzt von gezielten Kindesentführungen die Rede. Um der Verschleppung von Kindern aus der Ukraine eine größere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, hatte Khan unlängst ein inzwischen leer stehendes Kinderheim im Süden der Ukraine besucht.

Das Beispiel macht deutlich, wie sehr es im Krieg gegen die Ukraine nicht allein um die Durchsetzung militärischer Ziele geht. Zu Putins monströsen Plänen scheint neben der Auslöschung der ukrainischen Kultur auch eine Kriegsführung mit ethnischen Mitteln zu gehören. Kindesentführungen stellen nicht nur Demütigungen der ukrainischen Gesellschaft dar, sie sind zugleich aggressive Akte der Entwurzelung.

Die Dimension der Verbrechen

Dass russische Funktionäre oder gar Putin vor Gericht erscheinen, ist unwahrscheinlich. Russland ist kein Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs und hat dessen Statut nicht unterzeichnet. Laut internationalem Recht ist der Gerichtshof dennoch befugt, russische Verbrechen zu ahnden, soweit diese auf dem Territorium der Ukraine begangen wurden. Folgenlose Symbolpolitik also? Ein derartiges Verfahren wird diesen Krieg nicht beeinflussen. Es macht jedoch die Dimension von Verbrechen deutlich, die nach einem Krieg nicht einfach einer düsteren Vergangenheit zugeschlagen werden können.