Der Hund liegt woanders begraben
Julia Klöckners neue Tierschutz-Verordnung ist gut gemeint, geht aber an der Sache vorbei. Ein Hund ist kein Automat, den man mit einer exakten Auslauf-Minutenzahl zufriedenstellt.

Berlin-Zweimal pro Tag für mindestens eine Stunde mit dem Hund Gassi gehen: So lautet die neue Tierschutz-Verordnung, die die CDU-Agrarministerin Julia Klöckner am Dienstag auf den Weg gebracht hat und an der sich die Gemüter spalten wie spröde Haarenden. „Gassi-Pflicht“ wird das Gesetz gemeinhin genannt. Hundehalter fühlen sich davon vor den Kopf gestoßen. Ihre Wut über den Gesetzesvorstoß äußern sie etwa in Hundehalter-internen WhatsApp-Gruppen. Ja, die gibt es wirklich: Nur spekuliert man da normalerweise nur über ausgelegte Giftköder oder die Runden des Ordnungsamts.
Dass der Hund genug Auslauf bekommt, sei für jeden Hundehalter eine Selbstverständlichkeit, kommentierte etwa der Sprecher des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH), Udo Kopernik. Die Aufregung der Hundhalter ist nachvollziehbar. Denn ein Hund ist eben kein Automat, den man mit einer exakten Auslauf-Minutenzahl zufriedenstellt. Er ist ein komplexes Charaktertier, dessen Bedürfnisse je nach Alter, Rasse, Umgebung – und sogar Tagesform – variieren können.
Dass hier kein falscher Eindruck aufkommt: Natürlich, jeder Hund braucht Auslauf – im Zweifel lieber mehr als weniger. Einen Hund zur eigenen Belustigung zuhause einzusperren, ist Tierquälerei. Die exakten Auslaufphasen jedes Hundes aber gesetzlich festzuschreiben, ist weder sinnvoll noch realistisch.
Überhaupt stellt sich die Frage, wie die Auslaufregelung denn kontrolliert werden soll. Eine Sprecherin Klöckners sagt, dafür seien die Behörden der Länder zuständig. Diese würden aber nicht bei jedem Hundehalter klingeln, um zu fragen, ob er schon mit dem Hund draußen war. In einer Zeit, in der die Ordnungsämter mit der Einhaltung der Corona-Regelungen ausgelastet sind, scheint das sowieso unmöglich zu sein.
Viel sinnvoller wäre dagegen die Idee eines „Hundeführerscheins“ – also einer Art Sachkundeprüfung, wie sie für sogenannte Listenhunde (früher Kampfhunde genannt) schon länger Pflicht ist. Hundehalter, so die Hoffnung, würden sich dadurch von Anfang besser mit den spezifischen Bedürfnissen ihres Tiers vertraut machen. Und über die immense Verantwortung, die mit ihm einhergeht.
Klöckners Vorstoß umfasst allerdings auch Sinnvolles: Tiertransporte innerhalb Deutschlands bei hohen Temperaturen dürfen demnach nur noch maximal viereinhalb Stunden dauern. Auch die Hundezucht soll strenger kontrolliert werden. In diese Richtung sollte man – zum Wohl der Vierbeiner – weiterdenken.