Der Staat lebt über unsere Verhältnisse. An diesen Stellen könnte er Milliarden sparen

Deutschland steht vor großen Umbauten und muss alte Fehler reparieren. Klimawandel, Verteidigung, Bildung brauchen Geld. Woher nehmen? Sparen statt Verschulden!

Simulation eines Erweiterungsbaus des Bundeskanzleramtes
Simulation eines Erweiterungsbaus des BundeskanzleramtesSchultes Frank Architekten

Ein Sondervermögen für dies, eines für das und jenes – Rot und Grün in der Ampel wollen mehr Geld für Herzenzprojekte, und es gibt ja auch gute Argumente: die Energiewende, die Bildung, die Verteidigung, die Kinderarmut … Zeit, Prioritäten zu setzen und angehäuften Ballast abzuwerfen.

Durch schwere Wegstrecken kommt man erfahrungsgemäß besser mit leichtem, also überlegt sortiertem Gepäck. Hier einige Vorschläge.

1. Erweiterung des Bundeskanzleramtes stoppen

400 zusätzliche neue Büros! Der Hubschrauberlandeplatz wird mit gigantischen Kosten zu einer Art Raketenhub für den fliegenden Olaf ausgebaut werden. Der braucht auch eine neue Kanzlerwohnung mit 250 Quadratmetern. Was unter Kohl geplant und unter Schröder und Merkel reichte, beengt Kanzler Scholz offenbar in unzumutbarer Weise. Klar, das Projekt startete unter Merkel, aber gestoppt hat er die Sache nicht. Und es soll einen Betriebskindergarten geben – schön für Eltern und Kinder, aber wem wird das sonst noch gegönnt?

Und wofür überhaupt der Riesenaufwand? Nach Regierungssprech klingt die Antwort so: Die Erweiterung sei nötig, um „dem Personalaufwuchs gerecht zu werden“. Genau! Das sind wir am Kern des Problems, der PERSONALAUFWUCHS. Als müsste Deutschland frisch erlangte Überseeterritorien verwalten oder arbeitete noch mit Abakus und Gänsefeder.

Vorschlag: Den Ausbau sofort stoppen. Einen Bürgerrat prüfen lassen, wen und was man tatsächlich braucht. Alles, was zum Beispiel bloß der Herstellung von schönem Schein dient, kann sofort weg. Wenn Multimediateams, das Bataillon von PR-Leuten halbiert würde – merkt kein Mensch. Im Garten heißt das: Verjüngungsschnitt. Danach grünt es umso schöner.

2. Evaluierung von Hochschulen

Nach Jahrzehnten von immer mehr Geld für immer neu ausgedachte akademische Einrichtungen ist es an der Zeit für eine Evaluationsrunde. Deutschland kann das: Man hat ja vor 30 Jahren fast die gesamte DDR-Hochschullandschaft weg-evaluiert und abgewickelt. Damals gingen auch ein paar Juwelen der Wissenschaft gleich mit in den Orkus, damit Platz war für Mediocres aus dem Westen.

Mit dieser Erfahrung ausgestattet sollte man nun in der Lage sein, nach vernünftigen Kriterien auszukämmen. In Deutschland gibt es zum Beispiel allein mehr als 40 „Koordinierungsstellen“ für Gender-Studies, in Berlin fünf. Da ist noch nicht von Studiengängen und Promotionsmöglichkeiten in diesem Bereich die Rede, die es in nahezu unübersehbarer Zahl gibt.

Nach einer Zeit des Aufwuchses in „Geistesfächern“, der im Nachholbedarf auch eine Begründung fand und einfach erst mal viel Masse produzierte, ist der Moment überfällig, da nach Qualität neu geordnet werden muss. Welches Institut bringt dem Auftraggeber, dem steuerzahlenden Volk, tatsächlich Nutzen und was beschränkt sich auf bloßes Drehen um sich selbst? Was dient dem Erhalt des Hofstaates von akademischen Fürst:innentümern?

Vorschlag: Institute halbieren und stattdessen die engagierten, empathischen jungen Leute zu herausragenden Lehrern und Lehrerinnen oder Energieingenieuren ausbilden.

3. Braucht Deutschland wirklich einen geteilten Regierungssitz?

Ob im Auto, Zug oder Flugzeug: Zwischen Berlin und Bonn wird weiter munter gependelt. Hintergrund ist das Berlin/Bonn-Gesetz von 1994, das zwar den Umzug von Bundesregierung und Bundestag in die deutsche Hauptstadt regelte. Zugleich heißt es darin aber auch, dass „insgesamt der größte Teil der Arbeitsplätze der Bundesministerien in der Bundesstadt Bonn erhalten“ bleiben sollte.

Bedeutet konkret: Während im vergangenen Jahr fast 17.000 Arbeitsplätze an der Spree angesiedelt waren, kam die Bundesstadt am Rhein immer noch auf etwa 6800 Stellen. Sechs der 15 Bundesministerien haben ihren ersten Dienstsitz in Bonn – darunter die für Gesundheit und Verteidigung. Hinzu kommen die Zweitsitze anderer Ressorts. 

Das macht die Arbeit nicht nur komplizierter als notwendig. Da viele Regierungsbeamte zwischen den Städten hin und her reisen müssen, ist der geteilte Regierungssitz vor allem eines: teuer. Auf rund 9 Millionen Euro beliefen sich die anfallenden Kosten laut Finanzministerium im Jahr 2019 – also vor Ausbruch der Corona-Pandemie, die auch den Pendelverkehr massiv einschränkte.

Vorschlag: Die Ampel-Regierung scheint das nicht weiter zu stören. „Wir stehen zum Bonn-Berlin-Gesetz“, heißt es im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Wenn dem so ist, könnte aber doch vielleicht die ein oder andere Dienstreise mehr (2019 waren es fast 20.000) durch eine Videokonferenz ersetzt werden. Das hat in der Pandemie ja auch geklappt.

4. Klimaschädliche Subventionen abschaffen

65 Milliarden Euro. Auf diese gewaltige Summe belaufen sich laut Umweltbundesamt die klimaschädlichen Subventionen in Deutschland. Darunter fallen unter anderem die Energiesteuerbefreiung auf Kerosin (8,36 Milliarden Euro), die Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge (4 Milliarden Euro), aber auch die Pendler-Pauschale (6 Milliarden Euro).

Im Koalitionsvertrag haben sich SPD, Grüne und FDP auf Folgendes geeinigt: „Wir wollen zusätzliche Haushaltsspielräume dadurch gewinnen, dass wir im Haushalt überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen.“

Die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur wirtschaftlichen Entwicklung, Monika Schnitzer, sieht derzeit immerhin ein Sparvolumen von rund 30 Milliarden Euro jährlich. „Konkret wäre zu denken an die Abschaffung der Steuervergünstigungen für Kerosin und für internationale Flüge, an die Steuervergünstigung für Diesel und die steuerliche Begünstigung privat genutzter Dienstwagen gegenüber Privatwagen“, sagte Schnitzer der Welt.

Vorschlag: Es wäre zu viel verlangt, direkt alle klimaschädlichen Subventionen zu streichen. Dafür gibt es zu viele rechtliche, aber auch parteipolitische Hürden. Unabhängig davon sollten sich die Ampel-Partner jedoch nicht in einem innerkoalitionären Hickhack verstricken. Welche Subvention ist „überflüssig“? Die Forderung der Grünen, das „Dienstwagenprivileg“ abzuschaffen, hat die FDP schon abgelehnt.

5. Selber schminken, statt schminken lassen

Während Politiker von einem zum nächsten Termin eilen, bleibt nur wenig Zeit, um sich noch mal zu pudern. Aber niemand möchte mit Augenringen, einem verschwitzen Gesicht und einer schlechtsitzenden Frisur auf einem Pressetermin erscheinen. Zudem sollte bei Terminen am besten ein privat engagierter Fotograf vor Ort sein, der besonders gute Fotos schießt. Aus diesem Grund investierte die Bundesregierung im vergangenen Jahr mehr als 1,5 Millionen Euro in Visagisten, Friseure und Fotografen.

Nach Angaben der Bundesregierung entstanden allein für die Maskenbildnerin von Außenministerin Annalena Baerbock Kosten in Höhe von 136.500 Euro. Bundeskanzler Olaf Scholz ist sparsamer. Seine privaten Visagisten kosteten nur knapp 40.000 Euro pro Jahr. Zusätzlich werden Politiker auf Auslandsreisen fast immer von Fotografen begleitet. Das Auswärtige Amt beziffert die Ausgaben für intern beauftragte Fotografen auf 178.000 Euro.

Vorschlag: Politiker schminken sich in Zukunft selbst. Vor besonders wichtigen Terminen kann eine Ausnahmeregelung gelten. Intern beauftragte Fotografen werden ebenfalls auf ein Minimum reduziert. Auch Praktikanten können iPhones benutzen.

6. Werbekampagnen der Regierung und Ministerien einstellen

Jeden Tag sind Kanzler und Minister in den Medien und werben für ihre Projekte und Gesetze, ob in Bundestagsdebatten, in Interviews oder Talkshows. Kein Mensch kriegt kostenfrei so viel Sendezeit. Und doch reicht das den Verantwortlichen offensichtlich nicht, um ihre Message unters Volk zu bringen. Stattdessen schaltet die Bundesregierung seit Jahren immer mehr Werbung in Fernsehen, Zeitungen und im Internet. Im Jahr 2021 stiegen die Ausgaben für Werbekampagnen in eigener Sache auf rund 67,2 Millionen Euro, wie aus aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linke-Fraktion hervorging.

Mittel für externe Agenturen für die „Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern“ lagen 2015 noch bei 21,9 Millionen Euro und 2016 bei 23,4 Millionen. Im Bundestagswahljahr 2017 waren es bereits rund 42,4 Millionen Euro. Im vergangenen Winter gab der Bund allein für die Kampagne „Wir entlasten Deutschland“, die finanzielle Unterstützung bei Heiz- und Strompreisen kommunizieren sollte, ungefähr 6,19 Mio. Euro aus.

Vorschlag: Werbung für Maßnahmen der Regierung sollten entweder vollends eingestellt oder zumindest auf niedrigem Niveau gedeckelt werden. Andernfalls wird die Werbung rasch zu einem zusätzlichen Wahlkampfetat der regierungstragenden Parteien. Denn wenn die politische Arbeit der Regierung und die überwältigende Medienpräsenz ihrer Protagonisten nicht ausreicht, wird auch die beste Werbung nicht helfen.

7. Obergrenze für Zahl der Regierungsbeamten

Während die Ampel den Bundestag durch eine Veränderung des Wahlrechts auf 630 Sitze begrenzen will, wächst die Anzahl der Regierungsmitarbeiter auf Bundesebene immer weiter. In diesem Jahr überschritt sie zum ersten Mal die Rekordmarke von 30.000 Personen. Das Grundgehalt dieser Beamten liegt, ohne Zuschläge und Ministerialzulage, zwischen 9000 Euro und 15.000 Euro im Monat.

Die Zahl der Top-Beamten mit einer Besoldungsstufe zwischen B3 und B11 stieg unter der Ampel um 168 Beamte auf insgesamt 2146 an. Auch die Zahl der Parlamentarischen Staatssekretäre liegt mit 37 so hoch wie noch nie. Allein für die zusätzlichen 168 Beamte belaufen sich die Kosten – inklusive Versorgungs- und Gemeinkostenzuschläge – auf 50 Millionen Euro pro Jahr.

Vorschlag: Die Zahl der Regierungsbeamten sollte parlamentarisch mit Dreiviertelmehrheit festgelegt werden. Für neue Posten müssen alte Weichen. Schon jetzt ist es neuen Hausherren in Ministerien möglich, nach einem Regierungswechsel politische Posten neu zu besetzen. Wenn alle sparen müssen, sollte die Regierung mit gutem Beispiel vorangehen.

8. Finanzierung von Netflix und Co. einstellen

Das Angebot an Streamingdiensten ist in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Die digitalen Kinosäle müssen aber auch stetig befüllt werden und das kostet Geld. Netflix, Amazon Prime und Disney+ erhalten deswegen großzügige Unterstützung von der Bundesregierung. Die Förderung deutscher Serien wurde in den letzten Jahren massiv ausgebaut, die Subventionen haben sich vervierfacht.

Während die Bundesregierung 2016 im Bundeshaushalt nur 10 Millionen Euro für die Produktion von TV- und Streaming-Dienst-Serien einplante, waren es 2022 mehr als 75 Millionen Euro. Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, begründete die hohe Summe mit der „großen Nachfrage“ nach in Deutschland produzierten Serien. Die Netflix-Serie „1899“ wurde beispielsweise mit 10 Millionen Euro bezuschusst und in die Produktion der ersten Staffeln von „Babylon Berlin“ flossen 4 Millionen Euro.

Vorschlag: Netflix steigerte seinen Umsatz im vergangenen Jahr erneut und erwirtschaftete 31,6 Milliarden US-Dollar. Das Unternehmen könnte seine Produktionen also mit Sicherheit aus eigener Tasche bezahlen. All das Geld, das bisher an Netflix und Co. bezahlt wurde, könnte in Zukunft in kleinere Produktionsfirmen in Deutschland investiert werden.