Die Union hat kein Luxusproblem mehr, sondern eine handfeste Krise

Der Streit um die Spitzenkandidatur in der Union zieht sich in die Länge – zum Schaden für alle Beteiligten. Doch einer könnte alles verlieren.

Konkurrenten: Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CDU-Vorsitzender (l.), und Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender.
Konkurrenten: Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CDU-Vorsitzender (l.), und Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender.Foto: dpa/Michael Kappeler

Berlin-Roderich Kiesewetter muss ein unerschütterlicher Mensch sein. Im heute-journal erklärte der CDU-Bundestagabgeordnete am Dienstagabend allen Ernstes, dass die Union sich glücklich schätzen könne, zwei hochkarätige Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl zu haben. Dieser Spruch klang schon schal, als ihn der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am vergangenen Sonntag gemacht hat. Da hatten viele aber noch gehofft, dass es die Entscheidung um die Spitzenkandidatur wenigstens ansatzweise einvernehmlich regeln könne.

Drei Tage später hat die Union kein Luxusproblem mehr, sondern eine ernsthafte Parteikrise. Denn bei dem völlig offen ausgetragenen Machtkampf um die Führung im Wahlkampf stellt sich vor allem eine Frage: Wie wollen die Beteiligten aus diesem Schlamassel je wieder herauskommen? Bis Ende der Woche haben sich die beiden dafür Zeit gegeben. Doch egal, wie dieser Machtkampf ausgehen wird: Weder Armin Laschet noch Markus Söder werden den Machtkampf unbeschadet überstehen.

Machtkampf um die Spitzenkandidatur: Hat der CDU-Vorsitzende das wirklich nicht kommen sehen?

Der CDU-Parteivorsitzende und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat dabei aber eindeutig mehr zu verlieren. Wenn er sich nicht durchsetzen sollte, dann dürften auch seine Tage an der Spitze der CDU zu Ende sein. Nicht, weil an ihm die Schmach des Unterlegenen haften würde – sondern, weil er die Niederlage selbst verschuldet hätte. Ein gutes Jahr hat Laschet Wahlkampf gemacht, hat sich gegen zwei nicht zu unterschätzende Konkurrenten aus der eigenen Partei durchgesetzt und deren Führung übernommen. Immer hat er in dieser Zeit klargemacht, dass er auch die Kanzlerkandidatur beansprucht. Und dann unterläuft ihm am Ende dieser dumme Fehler. Er unterschätzt seinen Konkurrenten Markus Söder. Mehr noch, er versäumt es, durch konsequente Führung Herr eines Prozesses zu bleiben, der sich seit langem abgezeichnet hat.

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Söder hat auf die Fragen nach seiner Kandidatur so beharrlich geschwiegen, dass selbst den arglosesten politischen Beobachterinnen klar war, dass dieser Mann mehr will als Chef der bayerischen Staatskanzlei zu sein. Hat Laschet das wirklich nicht kommen sehen?

Immer wieder hat er betont, dass dem Vorsitzenden der größeren Unionspartei quasi das natürliche Recht zur Kanzlerkandidatur zusteht. Was er übersehen hat: Der CDU-Vorsitzende hat die ebenso natürliche Pflicht den Prozess zu managen, wenn ihm dieses Recht streitig gemacht wird. Noch ist das Spiel nicht zu Ende. Laschet muss es gewinnen, wenn er sich nicht wieder ausschließlich auf die Landespolitik konzentrieren will.