Dietmar Woidke wegen Todesfall nicht bei Sondierungsgesprächen

Potsdam - Für Aufregung sorgte SPD-Chef Dietmar Woidke, weil er am Donnerstag nicht bei den ersten Sondierungsgesprächen seiner Partei mit der CDU für die anstehende Regierungsbildung dabei war. Wie sein Sprecher bestätigte, ist Woidkes Vater am Mittwoch gestorben. Während des Wahlkampfes war bereits die Mutter gestorben. Woidke werde diese Woche keine dienstlichen Termine wahrnehmen. „Er ist ab Montag wieder da“, hieß es.

Trotz dieser Schlagzeilen ist CDU-Chef Ingo Senftleben derzeit weiterhin die entscheidende Personalie in der Landespolitik. Noch jedenfalls. Seine Partei ist der große Wahlverlierer, deshalb steht er parteiintern unter Dauerfeuer. Ein heftiger Machtkampf tobt – und der Ausgang entscheidet auch, ob die siegreiche SPD über eine Regierungsbildung mit der CDU verhandelt. Ziel ist eine Koalition aus SPD, CDU und Grünen. Derzeit laufen Sondierungsgespräche mit allen Parteien außer der AfD.

Intensive Gespräche in angenehmer Atmosphäre

Nach vier Stunden Sondierung sprach SPD-Vizechefin Katrin Lange am Donnerstag von sehr intensiven Gesprächen und einer sehr angenehmen Atmosphäre. „Wir sind uns einig, dass es ein Weiter-so nicht geben kann. Wir sind uns auch einig, dass wir einen neuen Politikstil anstreben wollen.“ Denn das Wahlergebnis sei ein Erbeben gewesen. Zum CDU-Machtkampf sagte sie: „In Organisationsfragen werden wir uns nicht einmischen. Das muss der Partner klären.“ Sie sagte auch: „Wir haben vereinbart, dass wir uns wiedersehen wollen.“ Senftleben selbst betonte: „Wir haben ein gutes ersten Gespräch gehabt.“ Vertrauen sei gewachsen. „Diese Gespräche sind nicht belastet worden durch Debatten, die wir in der CDU zu klären haben. Davon können Sie ganz sicher ausgehen.“ Ihm sei klar, dass seine Partei „genauso Stabilität aufweisen muss wie die anderen Partner“.

Die Möglichkeiten von Koalitionen lotet die SPD am Donnerstag noch mit den Linken aus, am Freitag dann mit den Grünen und den Freien Wählern. Ziel ist für alle eine stabile Regierung. Die Mehrheit im Parlament liegt bei 45 Stimmen. SPD, CDU und Grüne hätten 50. Rot-Rot-Grün hätte hingegen nur die nötigen 45 Stimmen.

Vom politischen Schicksal des CDU-Chefs hängt damit vieles ab. Seine Partei fuhr das schlechteste Ergebnis ein und kam nicht – wie erhofft – auf Platz 1, sondern auf Platz 3. Deshalb, und weil Senftleben auch mit den Linken koalieren wollte, soll er weg. Das ist das Ziel von sechs konservativen Abgeordneten in der 15-köpfigen Fraktion. Rein rechnerisch sind es diese sechs, die aus einer rot-schwarz-grünen Mehrheit eine Minderheit machen. Zur Ablösung von Senftleben steht der bisherige Hinterbänkler Frank Bommert bereit.

SPD und Grüne sagen, dass die CDU ihren Streit möglichst schnell klären soll. Es müsse klar sein, dass die CDU-Verhandlungsgruppe für die gesamte CDU-Fraktion spricht. Die konservativen Kritiker haben durchgesetzt, dass sich Senftleben als Fraktionschef am kommenden Dienstag bei der Wahl des Fraktionsvorstandes stellen muss.

Es gibt mehrere Optionen: Er könnte bleiben oder ein konservativer Gegner übernimmt. Das ist eher unwahrscheinlich, weil das Lager der Kritiker mit sechs zu neun Stimmen schwächer ist. Nächste Variante: Jemand aus dem Senftleben-Lager übernimmt, wird Fraktionschef und Verhandlungsführer. Das ist auch nicht so wahrscheinlich, weil Kritiker Bommert durchblicken ließ, dass er vor allem deshalb antritt, damit Senftleben seinen Posten aufgeben und damit die Verantwortung über das Wahldebakel übernehmen muss. Das Amt solle aber auch nicht an jemanden aus dem Senftleben-Umfeld gehen.

Es läuft auf Kompromiss hinaus

Der Kampf in der CDU-Fraktion ist also offen und könnte wohl eher auf einen Kompromisskandidat hinauslaufen, der weder zum Senftleben-Lager noch zur konservativen Gruppe um die Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig gehört.

Einerseits ist Eile geboten, wenn die CDU mit an die Macht will, andererseits muss sie nichts überstürzen, da durch Woidkes Trauerfall die ernsthafteren Sondierungsgespräche erst nächste Woche beginnen. Bis dahin muss die CDU eine nach innen tragfähige und nach außen glaubhafte Personalaufstellung gefunden haben.