Donald Trump will das bisherige Gesundheitsgesetz einfach ersatzlos streichen.

Washington - Normalerweise ist die amerikanische Internetseite Breitbart immer gerne bereit, US-Präsident Donald Trump zu loben. Doch am Dienstagmorgen fiel den Machern des rechtspopulistischen Propagandadienstes keine Beschönigung ein. „RIP“ (Ruhe in Frieden) betitelten sie in fetten roten Lettern den „Herzstillstand des republikanischen Gesundheitsgesetzes“.

Tatsächlich steht die Radikalreform der von Ex-Präsident Barack Obama eingeführten Krankenversicherung, eines der zentralen Wahlversprechen der Republikaner seit 2010, vor dem Aus, und die ersten Reaktionen von Trump lassen keinen realistischen Plan B erkennen.

Bei den Republikaner ist es eng

Den vorläufigen Todesstoß versetzten dem Gesetzesvorhaben am Montagabend die Senatoren Jerry Moran aus Utah und Mike Lee aus Kansas. Beiden geht der Entwurf nicht weit genug. „Wir sollten unsere Zustimmung keinem schlechten Gesetz geben“, sagte Moran. Schon Tage zuvor hatten der ebenfalls erzkonservative Senator Rand Paul (Kentucky) und die moderate Senatorin Susan Collins aus Maine ein „Nein“ bei der Abstimmung angekündigt. Die Republikaner, die im Senat über 52 der 100 Sitze verfügen, können sich aber nur zwei Abweichler erlauben. Also räumte Mehrheitsführer Mitch McConnell ein, dass der Versuch, Obamacare abzuschaffen und durch ein neues Regelwerk zu ersetzen, wohl keinen Erfolg haben werde.

Das Aus für Trumpcare folgt einer teilweise bizarren politischen Slalomfahrt seit dem Amtsantritt von Donald Trump. Obwohl die Abschaffung von Obamacare ganz oben auf der Prioritätenliste der Republikaner gestanden hatte, konnte die Partei zunächst ihre eigene Mehrheit im Repräsentantenhaus nicht zusammenbringen.

Als Trump noch jubelte

Als das Repräsentatenhaus das Gesetz im Mai beschloss, jubelte Trump zunächst. Nachdem die Republikaner im Senat aber protestierten, nannte er das Paragrafenwerk, durch das 22 Millionen Amerikaner ihren Versicherungsschutz verloren hätten, „mies“. Die Abstimmung des Senats über einen veränderten Entwurf musste bereits im Juni verschoben werden, weil die Regierungspartei ihre eigene Mehrheit nicht zusammen bekam. Vor wenigen Tagen nun hatte McConnell eigens den Beginn der parlamentarischen Sommerpause auf Mitte August verschieben lassen, um die Verabschiedung noch durchzubekommen. Doch dieser Plan ist nun gescheitert.

Die Republikaner befinden sich nun in einer verzwickten Lage: Angesichts der alarmierenden Berichte über den drohenden dramatischen Beitragsanstieg für Ältere und den millionenfachen Verlust des Versicherungsschutzes plädieren inzwischen mehr als 50 Prozent der Amerikaner für eine Beibehaltung von Obamacare. Vielen republikanischen Senatoren ist der Gesetzesentwurf aber nicht radikal genug. Andere wiederum lehnen die Einschnitte angesichts der Stimmung an der Basis ab.

Nur zwei Optionen für Donald Trump

Im Grunde bleiben Trump damit nur zwei Optionen: Er könnte versuchen, mit der Neuordnung des tatsächlich reformbedürftigen Obamacare-Systems ganz von vorne zu beginnen und die Demokraten einzubinden. Dafür plädieren unter anderem die Senatoren Lindsey Graham und John McCain. Viele erzkonservative Sozialstaatsgegner bei den Republikanern würden mögliche Zugeständnisse aber verärgern.

Also kündigten Trump und Mehrheitsführer McConnell an, einen anderen Weg zu gehen. Sie wollen nun versuchen, Obamacare mit einer Zweijahresfrist zunächst ersatzlos abzuschaffen. „Die Republikaner sollen Obamacare einfach außer Kraft setzen und mit einem reinen Tisch an einer neuen Gesundheitsreform arbeiten“, twitterte der Präsident. Das unabhängige Kongressbüro hat früher schon einmal ausgerechnet, dass durch eine solche Strategie der Versicherungsmarkt kollabieren und 32 Millionen Amerikaner ihren Schutz verlieren würden.