Donald Trump will schlagen und umarmen
New York - Der Auftakt ließ nichts Gutes erahnen. Ungezügelt wie lange nicht holte Donald Trump in einer ganzen Serie von Twitter-Botschaften am Wochenende zum Rundumschlag aus. Den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-Un veralberte er als „Raketen-Mann“, seiner einstigen Gegenkandidatin Hillary Clinton schoss er in einer Videomontage mit voller Wucht einen Golfball in den Rücken, und auf einem von ihm verbreiteten Bild zieht der US-Präsident persönlich amerikanische Produkte über den Ozean.
Möglicherweise wollte der US-Präsident vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen noch einmal richtig Dampf ablassen. Diese Veranstaltung mit ihrer Abfolge von diplomatischen Gesprächen und Cocktailpartys sei „nicht unbedingt Trumps bevorzugtes Format“, bemerkte die „New York Times“ süffisant. Tatsächlich hatte der US-Präsident die UN in der Vergangenheit als „Club, in dem sich Leute treffen, reden und eine gute Zeit haben“ verspottet. Seinen Wahlkampf hat Trump mit der Parole „America First“ bestritten. Auch deshalb wird sein erster Auftritt vor der UN am späten Dienstagnachmittag deutscher Zeit mit großer Spannung erwartet.
Es wird keinen Eklat geben
Einen Eklat, beruhigte die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley im Vorfeld, werde es nicht geben. „Er schlägt die richtigen Leute, er umarmt die richtigen Leute. Und am Ende ist er richtig stark“, versicherte sie in einem Ausblick auf die Trump-Rede. Die Vereinten Nationen hätten großes Potenzial, deutete Trumps Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster die Stoßrichtung an: „Aber sie müssen effizienter und effektiver werden“. Die Souveränität der 193 Mitgliedsstaaten und die Verantwortlichkeit der Weltorganisation sollen nach seinen Worten eine zentrale Rolle spielen.
Eigentlich mangelt es dem UN-Treffen in diesem Jahr mit den Krisen in Nordkorea, Venezuela und Myanmar sowie dem Dauerkonflikt in Syrien nicht an Themen. Doch dürfte Trump dafür sorgen, dass der Streit über das Geld einen beherrschenden Raum einnimmt. Ursprünglich hatte er gedroht, den US-Beitrag für die Vereinten Nationen um eine Milliarde Dollar zu kürzen. Auf Drängen von Nikki Haley wurde nun das gesamte UN-Budget für 16 Friedensmissionen um 600 Millionen Dollar zusammengestrichen. Schon am Montag wollte Trump möglichst viele Regierungschefs zur Unterstützung einer Absichtserklärung bewegen, die von der UN „größere Transparenz und Berechenbarkeit bei den benötigten Ressourcen“ verlangt.
Merkel lässt sich von Gabriel vertreten
Trump wohnt während seines Aufenthaltes in New York in seinem Penthouse im Trump-Tower an der Fifth Avenue. Die Sicherheitsvorkehrungen sind enorm. Am Rande der Generaldebatte will er sich mit einer Reihe von Regierungschefs treffen. Die Präsidenten von China und Russland bleiben der Veranstaltung jedoch ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel fern. Die Kanzlerin lässt sich von Außenminister Sigmar Gabriel vertreten, der am Donnerstag reden wird.
Nicht nur wegen der Abwesenheit von Xi Jinping und Wladimir Putin ist höchst fraglich, ob es im Streit und das nordkoreanische Raketenprogramm Fortschritte geben wird. Das Regime in Pjöngjang hatte zuletzt erneut eine Rakete über Japan abgeschossen. Auf Drängen der USA verschärfte der UN-Sicherheitsrat zwar die Sanktionen, doch konnte sich Trump mit der Forderung nach einer kompletten Einstellung der chinesischen Öllieferungen nicht durchsetzen. Auch hat UN-Generalsekretär Antonio Guterres erklärt: „Es kann nur eine politische Lösung geben“. In Washington wird hingegen ausdrücklich betont, es gebe auch die Option einer militärischen Lösung.
Mit Spannung wird erwartet, wie sich Trump zum Iran-Abommen von 2015 verhält, in dessen Rahmen die Sanktionen gegen das Regime in Teheran gelockert wurden. Der US-Präsident hat wiederholt erklärt, das Abkommen sei „einer der schlechtesten Deals, den ich je gesehen habe“. Am 15. Oktober läuft eine Frist aus, bis zu der die Unterzeichner feststellen müssen, ob Teheran seine Zusagen einhält. In Europa besteht große Unsicherheit, wie sich Washington verhält.
Bleiben USA doch im Pariser Klimaschutzabkommen?
Einige Verwirrung gab es am Wochenende auch um die amerikanische Position zum Pariser Klimaschutzabkommen. Ein Zeitungsbericht, demzufolge Trump den angekündigten Rückzug der USA noch einmal überdenkt, wurde jedoch vom Weißen Haus klar dementiert: Dazu sei man nur bereit, wenn das Abkommen mit günstigeren Bedingungen für die USA neu verhandelt würde. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat den Kampf gegen den Klimawandel auf die Tagesordnung gesetzt. Angesichts der Haltung Washingtons scheint ein politischer Fortschritt hier aber eher unwahrscheinlich.