Dschaber Al-Bakr: Anschlag wäre schon diese Woche möglich gewesen

Berlin - Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat den drei Syrern gedankt, die am Sonntag in Leipzig ihren terrorverdächtigen Landsmann Dschaber al-Bakr fesselten und der Polizei übergaben. Allerdings tat er dies am Mittwoch nicht von sich aus, sondern auf Nachfrage bei einer Pressekonferenz zu den aktuellen Flüchtlingszahlen. „Wenn Menschen, die bei uns leben, bei öffentlichen Fahndungsaufrufen den Sicherheitsbehörden helfen – und das möglicherweise auch unter Inkaufnahme einer Gefahr für sie selbst –, dann verdient das Lob und Anerkennung“, sagte de Maizière. Auf Forderungen vor allem vonseiten der SPD und der Linken, den Syrern das Bundesverdienstkreuz zu verleihen, sie im Ministerium zu empfangen oder ihnen Asyl zu gewähren, ging der Minister nur insoweit ein, als er erwiderte, über die Anträge der Betroffenen sei bereits positiv entschieden worden.

Im Übrigen wollten die drei künftig gewiss sicher leben, fuhr de Maizière fort. Im Ministerium heißt es, man müsse mit Drohungen islamistischer Terroristen gegen sie rechnen. Darum sei es nicht sinnvoll, die Helfer weiter als bisher in die Öffentlichkeit zu bringen. Sowohl de Maizière als auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig (beide CDU) hatten den entscheidenden Anteil der Syrer am Montag unerwähnt gelassen und waren dafür kritisiert worden.

Sicherheitsüberprüfung blieb ohne Erfolg

Der Bundesinnenminister wies schließlich Kritik vor allem aus der CSU zurück, die Sicherheitsbehörden hätten zu wenig Zugriff auf die Daten der eingereisten Flüchtlinge. Bei Dschaber al-Bakr habe im letzten Jahr eine Sicherheitsüberprüfung stattgefunden, allerdings ohne Erfolg, erklärte er. Überdies gingen Daten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bereits an Polizei und Geheimdienste. Der von der CSU angemahnte direkte Zugriff auf die Kerndaten des Amtes sei laut Datenaustauschverbesserungsgesetz rechtlich ebenfalls schon möglich; die komplizierten technischen Voraussetzungen dafür würden aber gerade erst geschaffen.

Der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar warnte allerdings davor: „Ein unbegrenzter Zugriff des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf sämtliche Daten von Asylbewerbern würde alle Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, unter einen unzumutbaren Generalverdacht stellen“, sagte er dieser Zeitung. „Außerdem würde er nicht zu einer effektiveren Terrorabwehr beitragen.“ Schaar fügte hinzu: „Ein solch genereller Zugriff würde auch unserem Grundgesetz widersprechen. Die Menschenwürde und das daraus abgeleitete Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gelten nicht nur für Deutsche.“

Beim Zuzug von Flüchtlingen und der Bearbeitung ihrer Asylanträge sehen sowohl der Minister als auch der Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise eine Trendwende. So habe die Behörde die Dauer der Asylverfahren inzwischen deutlich auf im Durchschnitt anderthalb Monate gesenkt, sagte Weise. Viele Verfahren würden nun innerhalb weniger Tage abgeschlossen. Für das Gesamtjahr 2016 gab er die durchschnittliche Bearbeitungszeit mit 2,1 Monaten an. Nach den 890 000 Flüchtlingen des Vorjahres sind in diesem Jahr bisher 213 000 neue Flüchtlinge nach Deutschland gekommen.
Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion ergibt sich ein anderes Bild. Demnach betrug die Zeitspanne zwischen Einreise und Antragstellung im Schnitt zuletzt über sieben Monate.