Ein Fluch namens Miranda: „Sex and the City“-Darstellerin geht in Politik
New York - Cynthia Nixon ist die Tochter einer alleinerziehenden Mutter aus der Arbeiterschicht. Sie schickt ihre eigene Tochter auf eine staatliche Schule, sie fährt mit der U-Bahn, kurz, sie weiß, wie die einfachen Leute von New York leben und womit sie zu kämpfen haben.
Das will jedenfalls der Videoclip vermitteln, den der ehemalige Star der Serie „Sex and the City“ diese Woche online gestellt hat, um seinen Wahlkampf für das Amt des Gouverneurs von New York zu eröffnen. „Die Kluft zwischen arm und reich in New York ist so groß wie noch nie“, sagt Nixon aus dem Off zu Bildern verfallener Häuser in den Ghettos von East New York, wo sie auch ihre Kampagne lancierte. „Wie konnten wir das geschehen lassen?“
Die Vergangenheit abschütteln
Nixon will als Fürsprecherin der Abgehängten und Entrechteten in die Hauptstadt von New York, Albany, entsandt werden. Sie zeichnet ihren Gegner in der demokratischen Partei, den amtierenden Gouverneur Andrew Cuomo, als Mann des Establishments und als „keinen echten Demokraten“. Nixon will der Bernie Sanders des Wahlkampfs in New York sein, die Vorkämpferin des progressiven Flügels ihrer Partei.
Das klingt alles sehr sympathisch. Doch ob die Botschaft auch bei den Wählern ankommt, hängt stark davon ab, inwieweit Cynthia Nixon ihre Vergangenheit abschütteln kann.
Als Miranda Hobbes in „Sex and the City“ verkörperte Nixon das Feindbild der einfachen Leute von New York. Für das Quartett Carrie, Miranda, Samantha und Charlotte war New York ein einziger Abenteuerspielplatz, Geld und Zeit spielten keine Rolle. Sie lebten in glamourösen Apartments in Manhattan, Miranda beschwerte sich ausgiebig, als sie nach Brooklyn umziehen musste. Man brunchte unentwegt, schlürfte in angesagten Bars Cosmopolitans, tingelte durch die Nachtclub-Szene und legte ohne mit der Wimper zu zucken 800 Dollar für ein paar Schuhe von Manolo Blahnik hin.
Dieses Bild des Lebens in New York, dass die vier zeichneten, hatte ganz handfeste Auswirkungen für die lebensweltlichen Realitäten der Stadt. Junge Frauen strömten zu Zehntausenden nach New York, weil sie so sein und leben wollten wie die Quadriga aus der Serie. Jeder Laden und jede Bar, welche die Vier frequentierten, wurde zum Kult. Die Serie wurde – gewollt oder ungewollt – zum Symptom der Gentrifizierung und zum Symbol der Stadt als Luxusprodukt für die Sorgenfreien. So wird es für Cynthia Nixon wohl die größte Herausforderung in ihrem Wahlkampf, das Image der Miranda abzuschütteln. Nixons eigene Biografie hat gegen das deutlich glamourösere Leben von Miranda einen schweren Stand.
Cynthia Nixon hat sich ihre Ausbildung und ihre Schauspielkarriere hart erkämpft, finanzielle Unterstützung von ihrer alleinerziehenden Mutter hatte sie nicht. „Sex and the City“ empfindet sie heute mehr als Fluch denn als Segen, ihre vielen ernsthaften Bühnen-und Leinwandrollen werden daneben allzu oft vergessen.
Maß an Glaubwürdigkeit
Für Nixon spricht außerdem, dass ihr politisches Engagement nicht die Laune einer gelangweilten Prominenten ist. Nixon ist seit vielen Jahren politisch aktiv. Ihre Lebensgefährtin lernte sie bei einer Demonstration für die Gleichstellung von Homosexuellen kennen. Bei einer anderen Demonstration gegen die Unterfinanzierung von öffentlichen Schulen wurde sie vor dem New Yorker Rathaus verhaftet.
Solche Referenzen sollten Nixon eigentlich ein gehöriges Maß an Glaubwürdigkeit als Kandidatin verleihen. Mehr vielleicht als ihr Gegner Cuomo hat, der für den Filz des politischen Establishments steht. Cuomo, dessen Vater bereits drei Amtszeiten als Gouverneur absolvierte, weigert sich beharrlich, etwas gegen die grassierende Korruption in Albany zu tun. Er selbst nimmt großzügige Spenden von der Wall Street und aus so dubiosen Quellen wie den Gebrüdern Koch, die große Trump-Förderer sind. Cuomos persönlicher Fehde mit dem New Yorker Bürgermeister DeBlasio wird unter anderem die Untätigkeit angesichts des drohenden U-Bahn-Kollapses in der Stadt zugeschrieben.
Trotzdem musste Nixon sich schon am Tag der Bekanntgabe ihrer Kandidatur mit den Vorwürfen auseinandersetzen, das Ganze sei eine reine PR-Kampagne. Nicht nur Cuomo warnte davor, im Zeitalter von Trump schon wieder jemanden aus dem Show-Business zu wählen. Nicht wenige, auch linke New Yorker, schlugen in dieselbe Kerbe.
Nun kann Cynthia Nixon nur darauf vertrauen, dass es ihr wie etwa Ronald Reagan und Arnold Schwarzenegger gelingt, sich als politische Person zu profilieren und ihre Bildschirm-Persönlichkeit hinter sich zu lassen. Sie wäre damit die erste Frau, die den Sprung vom Showbiz in die Politik schafft.
Und die erste weibliche Gouverneurin des bevölkerungsreichsten Staates der USA.