Eine Milliarde gegen Dieseldreck : Michael Müller reicht das Geld nicht
Um die Folgen der Luftverschmutzung durch Diesel-Fahrzeuge zu bekämpfen, stellt der Bund weitere 500 Millionen Euro für belastete Kommunen bereit. Dies ist das Ergebnis des zweiten Diesel-Gipfels, an dem am Montag Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) sowie Vertreter von Ländern und Städten teilnahmen.
Damit steigt das Volumen des Fonds für „Nachhaltige Mobilität“ auf eine Milliarde Euro. Städte mit hoher Stickoxid-Belastung können daraus Geld für Verkehrsprojekte und Mobilitätskonzepte zur Reduzierung von Schadstoffen beantragen.
Auch in den Messstellen der deutschen Hauptstadt werden immer wieder überhöhte Werte festgestellt. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) kritisierte die vereinbarte Summe als zu niedrig: „Weitere 500 Millionen Euro sind gut, aber es darf keine einmalige Zahlung sein“, sagte Müller und forderte dauerhafte Unterstützungen des Bundes für Infrastrukturinvestitionen.
Auch die Auto-Industrie, die 250 Millionen Euro zum Fonds beisteuern soll, müsse mehr liefern, forderte Müller, etwa Nachrüstungen älterer Fahrzeuge: „Wir brauchen Hardware- und Softwareupdates und darüber hinaus innovative Lösungen. Wir entlassen die Industrie – auch finanziell – nicht aus ihrer Verantwortung.“ Auch Berlins Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) bemängelte, das Abgasproblem der Städte sei keineswegs gelöst.
90 Städte stark belastete Städte
Die Kommunen erhalten zwar mehr Geld, um nachhaltige Verkehrskonzepte zu entwickeln. Etwa indem sie ihren Nahverkehr ausbauen, Elektro-Mobilität und Radverkehr fördern oder ihre Verkehrsleitsysteme verbessern. Dies werde aber erst auf längere Sicht Wirkung entfalten, räumten Kanzlerin Merkel und Vize-Kanzler Gabriel nach dem Treffen ein.
Der Fonds war bereits vor einem Monat beim Treffen der Regierung mit Vertretern der deutschen Autoindustrie beschlossen und mit 500 Millionen Euro ausgestattet worden. 250 Millionen davon sollen die Konzerne übernehmen. Allerdings ist es der Branche bisher nicht gelungen, das Geld zusammenzutragen.
In Deutschland gibt es rund 90 Städte, in denen die Stickoxid-Belastung der Luft regelmäßig die Grenzwerte überschreitet. Verantwortlich dafür sind vor allem Diesel-Pkw. In etlichen Kommunen laufen Klagen, die schon bald dazu führen könnten, dass Gerichte Fahrverbote verhängen. Stickoxide schädigen die menschliche Gesundheit. Die Europäische Union übt bereits seit Jahren wegen der hohen Stickoxid-Belastung Druck auf Deutschland aus.
Die Politik nahm das Problem jedoch lange Zeit nicht ernst. Erst der Skandal um manipulierte Abgaswerte sowie die drohenden Fahrverbote änderten dies. Merkel sagte am Montag, alle Beteiligten seien sich einig, dass pauschale Fahrverbote verhindert werden müssten.
Eine Art Sofortprogramm könne kurzfristig wichtige Effekte bringen
Der Präsident des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU), der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling, sagte der Berliner Zeitung nach dem Treffen: „Das Problem ist, dass den Städten die Zeit davonläuft. Diverse juristische Verfahren wegen Fahrverboten laufen, wegweisende Entscheidungen werden in wenigen Monaten fallen. Deshalb hätten wir uns mehr konkrete und schnell wirksame Schritte gewünscht, um drohende Fahrverbote zu vermeiden.“
Eine Art Sofortprogramm zur Umrüstung von kommunalen Fahrzeugen auf umweltfreundliche Antriebe könne kurzfristig wichtige Effekte bringen. „Das könnte sich in der Dimension von 10.000 Stadtbussen bewegen“, sagte Ebling. Er hoffe, dass bei einem weiteren Treffen im Oktober Entscheidungen in diese Richtung fallen.
Nach Ansicht des Vize-Chefs der Grünen-Bundestagsfraktion, Olivier Krischer, ist es richtig, dass der Bund den Kommunen finanziell unter die Arme greift. „Das bringt aber nur wenig bis gar nichts für die drohenden Fahrverbote“, sagte er.