Einmalzahlung an Studenten verpufft: „Früher hätte ich 510 Gurken gekriegt, heute nur 66“

In dieser Woche sollen Studenten eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro beantragen können. Ein Selbstversuch zeigt: Der Antrag wird schnell zur Odyssee.

Studenten gehen eine Treppe hinunter (Symbolbild)
Studenten gehen eine Treppe hinunter (Symbolbild)Westend61/Imago

Vor mehr als sechs Monaten kündigte der Bund eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro für Studenten an. Bereits vor Monaten wurden Rentner und Erwerbstätige finanziell vom Bund entlastet. Jetzt, nach einem halben Jahr, soll die Zahlung auch endlich bei den jüngeren Semestern ankommen. Doch um an das Geld zu kommen, muss man riesige Hindernisse überwinden.

Antragsberechtigt sind alle Studenten, die bis zum 1. Dezember 2022 an einer Hochschule in Deutschland immatrikuliert waren und in Deutschland gemeldet sind. Die Anmeldeplattform Einmalzahlung200.de wurde in den vergangenen Wochen von einzelnen Hochschulen in einem Pilotversuch getestet und ist jetzt einsatzbereit.

Die Antragsstellung muss gut vorbereitet werden

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sprach gegenüber der Bild am Sonntag von einem erfolgreichen Probedurchgang. Mehr als 12.000 Antragsteller hätten die 200 Euro bereits auf ihr Konto überwiesen bekommen. „Am Mittwoch startet dann die Antragstellung für alle Studenten und Fachschüler.“ Aber wie erhalten Studenten das Geld eigentlich?

Nachdem das Ministerium sechs Monate Zeit hatte, das System vorzubereiten, sollte die Anmeldung eigentlich schnell und reibungslos verlaufen. Das Digitalministerium Sachsen-Anhalt, das beim Aufbau der Plattform beteiligt war, spricht von einer durchschnittlichen Beantragungsdauer von drei Minuten. Diese Angaben beziehen sich aber wohl nur auf Anträge, bei denen es zu keinen Komplikationen kommt. Zeit, die man für umfangreiche Vorbereitungsmaßnahmen der Anmeldung benötigt, wird gar nicht mitgerechnet.

Vier Schritte bis zum Geld

Auf der Anmeldeplattform wird der Weg bis Auszahlung des Geldes in vier Schritten beschrieben. Im ersten Schritt muss ein Zugangscode, den man von der jeweiligen Hochschule per Post zugesendet bekommt, eingegeben werden. Anschließend, im zweiten Schritt, muss der Antragsteller seine Identität bestätigen.

Aber schon da wird es kompliziert, denn für die Bestätigung der Identität benötigt der Antragsteller ein sogenanntes BundID-Konto. Um dieses Konto erstellen zu können, müssen zusätzliche Voraussetzungen erfüllt werden. Für die Registrierung ist entweder ein gültiger Personalausweis mit Online-Ausweis-Funktion oder ein Elster-Zertifikat erforderlich.

Möchte man sein BundID-Konto mithilfe des Online-Ausweises erstellen, dann benötigt man zusätzlich die sogenannte AusweisApp. In ihr wird der Personalausweis digital hinterlegt und kann auch für andere Zwecke verwendet werden. Nach dem Herunterladen und Öffnen der App auf dem Handy, wird der Personalausweis auf der Rückseite des Smartphones positioniert. Innerhalb weniger Sekunden erscheinen mehrere grüne Hacken – der Ausweis ist geprüft und in der App hinterlegt.

Es kann aber auch passieren, dass die App Alarm schlägt, beispielsweise wenn die Karten-PIN, nach Angabe der App, zu oft falsch eingegeben wurde. Um mit der Ausweisprüfung dann fortfahren zu können, muss ein zehnstelliger PUK eingegeben werden. Auf dem Bildschirm des Handys ist zu lesen: „Sie finden die PUK im PIN-Brief, den Sie nach Beantragung Ihres Ausweises erhalten haben.“ Sollte man den PIN-Brief nicht mehr besitzen, muss ein „PIN-Rücksetzbrief“ beantragt werden.

Studenten wurden von der Bundesregierung vergessen

Nachdem das Anmeldungswirrwarr erfolgreich bestanden ist und das BundID-Konto erstellt wurde, geht es auf der Anmeldungsplattform weiter. Im dritten Schritt, wird nun endlich das Formular für die Einmalzahlung ausgefüllt. In einem vierten und letzten Schritt, sollten die Antragsteller dann jene 200 Euro endlich erhalten. Bei Problemen mit der Anmeldung hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung eine Info-Hotline eingerichtet: 0800 2623 003.

Doch auch nach Monaten warten viele Studenten immer noch auf das Geld. Einige hatten die Einmalzahlung irgendwann verplant, etwas angeschafft, doch die Überweisung kam nicht. So auch Alicia. Sie studiert Tiermedizin und sagt: „Eigentlich wollte ich das Geld in Winterschuhe investieren. Nur wenn ich bis zum 15.03.23 gewartet hätte, würde ich nach wie vor barfuß herumlaufen. Insofern haben die 200 Euro für mich einen symbolischen Wert.“ Die Bedürfnisse der Studenten und deren Notlage habe die Bundesregierung ignoriert. Andere Gesellschaftsgruppen erhielten staatlichen Unterstützung, während Studenten einfach vergessen und vertröstet wurden. Noch immer hat Alicia ihre Überweisung nicht erhalten.

Antonia kann sich ebenfalls nicht über das Geld freuen. Sie sagt: „Ich kann mir mittlerweile nicht mal mehr Gemüse kaufen, weil es einfach viel zu teuer geworden ist.“ Ihre Miete wurde bereits erhöht und die Stromkostennachzahlung kommt in ein paar Monaten auch noch dazu. Die Einmalzahlung ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Selbst 500 Euro würden ihr nicht helfen.

Erfolgt die Auszahlung erst Ende des Jahres?

In Zeiten, in denen eine Gurke bis zu 3 Euro kostet, könnte sich Antonia von diesem Geld knapp 66 Gurken kaufen. Ende 2021 lag der Gurkenpreis noch bei 39 Cent. Zu diesem Zeitpunkt hätte sie mehr als 510 Gurken von der Einmalzahlung kaufen können. Die Rechnung verdeutlicht, wie stark die Preise tatsächlich gestiegen sind.

Wie lange die Plattform den knapp drei Millionen Antragsberechtigten Studenten zur Verfügung stehen wird, ist bisher nicht bekannt. Angaben darüber, wie lange der Überweisungsprozess dauern wird, gibt es auch noch nicht. Sofern die Überweisung aber genauso lange dauert, wie der Entstehungsprozess der Plattform in Anspruch genommen hat, dann können Studenten mit einer Auszahlung gegen Ende des Jahres rechnen.