Erneut Blockaden von Klimaschutz-Demonstranten - Verfahren

Nach ihren Straßenblockaden zu Jahresbeginn sorgen Klimaschutz-Demonstranten derzeit wieder auf Berlins Straßen für Staus. Die Reaktionen sind zunehmend gereizt. Auch in der Politik und bei der Justiz.

ARCHIV - Polizeibeamte stehen bei den Demonstranten der Gruppe "Letzte Generation" auf einer Kreuzung.
ARCHIV - Polizeibeamte stehen bei den Demonstranten der Gruppe "Letzte Generation" auf einer Kreuzung.Paul Zinken/dpa/Archivbild

Berlin-Klimaschutz-Demonstranten haben ihre Sitzblockaden auf Berliner Straßen fortgesetzt und erneut für Staus im Berufsverkehr gesorgt. Am Mittwochmorgen setzten sich wieder Mitglieder der Gruppe „Letzte Generation“ an mehreren Stellen nahe Autobahnausfahrten im Berliner Stadtgebiet auf Fahrbahnen, wie eine Polizeisprecherin sagte. An fünf Orten gab es Blockaden mit insgesamt etwa 50 Demonstranten, von denen einige sich am Asphalt festgeklebt hatten.

Betroffen waren entlang der A111 verschiedene Anschlussstellen, etwa am Kurt-Schumacher-Damm. Die „Letzte Generation“ schrieb am Morgen auf Twitter, die Demonstranten hätten etwa Schilder mit der Aufschrift „Wo ist der Klimakanzler?“ hoch gehalten. Die erneuten Blockaden in Berlin liefen jetzt in der dritten Woche.

Bereits von Januar bis März hatten die Demonstranten immer wieder Autobahnausfahrten blockiert und mehr Klimaschutz gefordert. Die Berliner Staatsanwaltschaft kümmert sich im Zusammenhang damit bislang um 73 Verfahren. Wie ein Behördensprecher am Mittwoch auf Anfrage mitteilte, beziehen sich diese Fälle alle auf Straßenblockaden im Januar. Bei der Polizei gebe es zudem Hunderte Strafanzeigen.

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Nach Angaben der Staatsanwaltschaft konnte jedoch noch in keinem der Verfahren eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob Anklage erhoben wird. Voraussetzung dafür seien abgeschlossene Ermittlungen der Polizei. Die müsse aber noch wichtige Punkte klären.

Generalstaatsanwältin Margarete Koppers sagte, ihre Behörde habe der Polizei bereits im Frühjahr erläutert, woran es bei den Ermittlungen fehle und zu welchen Punkten Nachermittlungen erforderlich seien. Sie verwies auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Autobahnblockaden. „Über den Anfangsverdacht, die Notwendigkeit und Intensität von Ermittlungen sowie die Anklagereife entscheidet die Staatsanwaltschaft, und zwar nach Recht und Gesetz und nicht nach politischen Wunschvorstellungen“, betonte Koppers mit Blick auf Forderungen aus der Politik nach schnellen und härteren Strafen.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Innensenatorin Iris Spranger (beide SPD) hatten die Protestaktionen mehrfach kritisiert. „Ich will noch einmal festhalten, dass es gar keinen Zweifel daran gibt, dass es sich um Straftaten handelt“, sagte Giffey am Dienstag. Spranger hatte gesagt, sie erwarte, dass die Justiz zu Anklagen und Verurteilungen komme.

„Es geht um schwierige Rechtsfragen“, erläuterte Oberstaatsanwalt Holger Brocke, zuständiger Abteilungsleiter für die Verfahren. Von Bedeutung sei etwa, wie viele Menschen sich beteiligt hätten, wie lange die Aktionen gedauert hätten und ob es Ausweichmöglichkeiten für Autofahrer gegeben habe. Relevant sei aber auch, wann und wie festgeklebte Personen von der Straße gelöst worden seien. Insbesondere in den Anfangszeiten seien derartige Details von den Polizisten vor Ort noch nicht erfasst worden. „Ihnen ging es zunächst darum, die Leute von der Straße zu holen.“

Bei den Tatvorwürfen handelt es sich laut Staatsanwaltschaft in der Regel um Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. In einigen wenigen Fällen gehe es auch um den Vorwurf des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Nach Einschätzung von Brocke wird die Staatsanwaltschaft für den Großteil der Verfahren eine Bestrafung per Strafbefehl - also ohne mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht - beantragen.