Berlin-Die derzeitige Lage hat schon etwas Absurdes: Da muss der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke die polnische Regierung höflichst bitten, die strengen Regeln für polnische Bürger zu lockern, die nach Deutschland zur Arbeit pendeln. Sie sollen bei uns arbeiten dürfen, ohne hinterher zwei Wochen in Quarantäne zu müssen. Die Bitte sendet Woidke als Brandenburger, also als Chef des Nachbarlandes von Polen, und als Polen-Beauftragter der Bundesregierung.

Absurd ist es deshalb, weil jahrelang aus Deutschland auch heftige Kritik an Osteuropa kam, da dort kaum kontrolliert wurde, was eine Minderheit von Kriminellen so alles über die offenen Grenzen von West nach Ost verschiebt.
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Woidkes Forderung ist wichtig. Einerseits geht es um unsere Versorgung mit heimischen „Luxus“-Waren: Gemeint ist zum einen der Brandenburger Spargel, bei dem derzeit Erntehelfer fehlen, die auch bei der bald beginnenden Erdbeerernte fehlen werden.
Es geht vor allem aber um die Grundversorgung mit Gemüse. Denn überall in Europa fehlen Erntehelfer. Und so ist Frischgemüse im April 27 Prozent teurer als im März. Obwohl im Frühjahr die Preise eher fallen müssten.
Die Corona-Krise zeigt die allgemeine Arroganz gegenüber heimischen Niedriglöhnern und Wanderarbeitern aus Osteuropa und Nordafrika, die auf Europas Feldern, in Fabriken oder in Pflegestationen und Rentnerwohnungen jene Arbeit erledigen, die viele hier nicht so gern erledigen wollen. Nun sind sie uns etwas wert.
Bleibt zu hoffen, dass wir diesen Anflug von Demut vor ihrer wichtigen Arbeit nach der großen Krise nicht gleich wieder vergessen – und sie besser bezahlen.