EU-Abkommen: Amerikaner behalten Zugriff auf Fluggastdaten

Brüssel - . Deutschlands oberster Datenschützer hat schwere Bedenken gegen ein neues EU-Abkommen, das amerikanischen Terrorfahndern über viele Jahre hinweg den Zugriff auf persönliche Daten europäischer Fluggäste sichern soll. „Besonders kritisch sehe ich, dass auch nach dem neuen Abkommensentwurf die US-Behörden die Möglichkeit haben sollen, in bestimmten Situationen auf die in den Reservierungssystemen der Fluggesellschaften gespeicherten Passagierdaten direkt zuzugreifen“, sagte der Bundesbeauftragte Peter Schaar dieser Zeitung. „Sie hätten damit Zugang zu dem kompletten Datensatz über die einzelnen Passagiere, der auch sensible Daten enthält“, warnte Schaar.

Die Brüsseler EU-Kommission hatte am Donnerstag nach rund einjährigen Verhandlungen ein neues Fluggastdaten-Abkommen mit den USA unterzeichnet. Die EU-Länder und das Europaparlament müssen noch zustimmen. Die zuständige Kommissarin Cecila Malmström feiert die Vereinbarung als großen Wurf: Der Datenschutz werde gestärkt, zugleich könnten die Behörden effizient Terrorismus und grenzüberschreitende Kriminalität bekämpfen. Der genaue Text des Abkommens ist noch geheim. Die bisher bekannten Inhalte machen aber deutlich, dass die Amerikaner Malmström weitgehend abblitzen ließen und die Schwedin im Vergleich zur Vorvereinbarung von 2007 keine substanziellen Verbesserungen durchsetzen konnte.

So erhalten die Amerikaner weiter Zugriff auf insgesamt 19 verschiedene Daten von Fluggästen, die in die USA einreisen oder das Land überfliegen. Zu den Daten gehören Name und Anschrift, die Kreditkarten- und Telefonnummer, der Reiseverlauf, Informationen zum Gepäck, aber auch der Sitzplatz im Flugzeug und das dort bestellte Essen. Fahnder können aus den Daten ein Profil jedes einzelnen Fluggastes erstellen.

Anders als bisher sollen künftig im Regelfall die Fluggesellschaften selbst die Daten an die US-Behörden übermitteln („Push-Methode“). Es gibt allerdings zwei bedeutende Ausnahmen, bei denen sich die Amerikaner direkt in die Rechner der Airlines einklinken und die Daten abgreifen dürfen („Pull-Methode“): In dem Fall, dass eine Übermittlung durch die Gesellschaften aus technischen Gründen nicht möglich ist. Oder in dem Fall, dass eine „dringende und ernste Gefahr“ besteht, die es abzuwehren gelte. Das ist allerdings ein äußerst dehnbarer Begriff, über dessen Auslegung die Amerikaner im Zweifel selbst entscheiden.

Der Bundesdatenschutz-Beauftragte Schaar kritisierte ferner, dass die Daten „ohne jeden Anfangsverdacht und ohne handfesten Erforderlichkeitsnachweis“ von den US-Behörden über Jahre hinweg gespeichert werden dürfen. Tatsächlich können die US-Dienste die Informationen künftig bis zu 15 Jahre lang aufbewahren und verwenden. Der Europa-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht (Grüne) sagte dazu: „Das ist verfassungsrechtlich hoch bedenklich.“ Eine so lange Speicherdauer ohne jeden konkreten Anlass sei unverhältnismäßig. Sie widerspreche dem Grundsatz-Urteil des Bundesverfassungsgericht zur Vorratsdaten-Speicherung vom Frühjahr vergangenen Jahres.