Ungarn fordert Ausnahme von Öl-Embargo gegen Russland
Auch nach einer Woche Verhandlungen ist die EU uneins über ein Öl-Embargo gegen Russland. Ungarn sperrt sich, auch in Ostdeutschland gibt es Bedenken.

Ungarn fordert für sich eine umfassende Ausnahme von den geplanten EU-Sanktionen gegen russische Erdöl-Importe. „Die ungarische Regierung wird das Öl-Embargo unterstützen, wenn es uns nicht betrifft“, erklärte Außenminister Peter Szijjarto in einem Video, das er am Mittwoch auf seiner Facebook-Seite postete. Der Sanktionsvorschlag wäre für Ungarn etwa dann annehmbar, wenn sämtliche Öllieferungen, die über Pipelines aus Russland kommen, davon ausgenommen sind, fügte er hinzu.
In Verhandlungen, die nun seit einer Woche andauern, erzielten die EU-Länder noch keine Einigung über ein Öl-Embargo gegen Russland. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, wegen des Ukraine-Kriegs den Import von russischem Rohöl in sechs Monaten zu beenden. Als Kompromiss schlägt die Kommission vor, Ungarn und der Slowakei bis Ende 2024 sowie Tschechien bis Mitte 2024 Zeit einzuräumen, um den Importstopp für Öl vollständig umzusetzen.
Ausnahme oder volle Entschädigung
Der Regierung in Budapest geht der Vorschlag nicht weit genug. Das Donauland bezieht 65 Prozent seines Ölbedarfs aus Russland. Diese Menge kommt ausschließlich über Pipelines ins Land. Eine Umstellung auf nicht-russisches Öl käme zu teuer, meinte Szijjarto in dem Video.
Sollte das Sanktionspaket ohne die von Ungarn geforderte Ausnahme für Lieferungen über Rohrleitungen auf den Tisch kommen, würde Budapest nur dann zustimmen, wenn die EU Ungarn „vollständig entschädigt“, sagte der Außenminister. Die Umstellungs- und Anpassungskosten würden sich in diesem Fall auf „mehrere Milliarden Euro“ belaufen. Damit das Sanktionspaket beschlossen werden kann, müssen alle EU-Länder zustimmen.
Kretschmer sieht Embargo gegen russisches Öl kritisch
Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer steht einem Einfuhrverbot von russischem Öl kritisch gegenüber. Mit Blick auf ein geplantes sechstes Sanktionspaket der EU gegen Russland sagte er: „Es ist, glaube ich auch, jetzt an der Zeit, genau hinzuschauen: Wem schadet es wirklich?“ Es gebe eine globale Nachfrage nach Steinkohle, Öl und Gas. Wenn europäische Länder anderswo als in Russland Energie kauften, fehle es dort und die Lücke würde mit großer Wahrscheinlichkeit von russischen Quellen aufgefüllt, so der CDU-Politiker.
Kretschmer sagte bei einem Besuch in Brüssel zudem, es müsse darum gehen, die Kriegstreiber in Russland - die Oligarchen, die Geheimdienstleute, den Präsidenten - zu treffen und nicht, die Kraft in Europa weiter zu schwächen. „Energie ist die Achillesferse einer jeden Volkswirtschaft.“ Bereits jetzt seien die Öl- und Gaspreise toxisch. Sollte es zu einem Energiemangel kommen, gehe es nicht darum, dass Wohnungen nicht mehr ganz so warm seien. „Es geht hier darum, dass wir die Produktion anhalten, dass Arbeitsplätze verloren gehen.“
Kretschmer war in der Vergangenheit unter anderem vom ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, für seinen Russland-Kurs kritisiert worden. Dieser sagte vor rund einem Monat an Kretschmer gerichtet: „Ihre unverschämte Anbiederung an diesen Kriegsverbrecher bleibt eine ewige Schande.“ Kretschmer hatte unter anderem gesagt, dass wirtschaftliche Verflechtungen mit Russland wichtig blieben.
Ramelow unterstützt Sanktionen gegen Russland
Trotz der Gefahr von Jobverlusten befürwortet Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Sanktionen gegen Russland. „Wir gehen ja Schritt für Schritt in Sanktionen rein mit der Zielstellung, Wladimir Putin deutlich zu machen, dass er mit dem Krieg aufhören soll“, sagte Ramelow am Mittwoch im ARD-„Morgenmagazin“. „An kriegsbedingten Ausfällen“ sei dadurch jedoch in der Thüringer Glasindustrie mit einem Wegfall von 7000 Arbeitsplätzen zu rechnen.
Dennoch will der Ministerpräsident alles unterstützen, „was dazu führt, Herrn Putin daran zu hindern, den Krieg weiter zu führen“. So forderte Ramelow, „den Oligarchen den Geldhahn“ zuzudrehen. Außerdem sei ein Umbau der Energiewirtschaft notwendig. „Man hat auf Nord Stream 2 gesetzt, hat zur Kenntnis genommen, dass wir billige, fossile Energie bekommen und hat die Umstellung einfach nicht eingeleitet.“
Baltische Staaten hätten dies anders gemacht. „Die wussten, sie werden von Russland erpresst, sie hatten immer eine konkrete Angst und haben deswegen ihre Energiewirtschaft umgestellt.“ Die Umstellung sei eine „Herausforderung, an der wir jetzt gerade stehen.“