Europa: Auch Staaten mit hoher Impfquote verhängen drastische Maßnahmen
Spanien und Portugal greifen zu drastischen Maßnahmen. Frankreich stellt auf 2G um, Großbritannien will mobile Impfteams zu den Bürgern nach Hause schicken.

Laut einer AFP-Berechnung wurden vom 22. bis 28. Dezember weltweit mehr als 6,5 Millionen Corona-Infektionen nachgewiesen. Dies sei der höchste Wochenwert seit Pandemie-Beginn, meldet die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch auf Grundlage von Behördenangaben. Laut der AFP-Zählung wurden vom 22. bis 28. Dezember weltweit durchschnittlich mehr als 935.000 Infektionen pro Tag nachgewiesen – insgesamt 37 Prozent mehr als in der Vorwoche. Der bisherige Wochenrekord war zwischen dem 23. und 29. April verzeichnet worden – mit durchschnittlich 817.000 Fällen pro Tag.
Die meisten Neuinfektionen werden derzeit in Europa verzeichnet, wo in den vergangenen sieben Tagen insgesamt mehr als 3,5 Millionen Fälle registriert wurden.
In Frankreich wurde mit fast 180.000 neuen Fällen am Dienstag ein neuer Tageshöchstwert verzeichnet. Die Regierung beschloss daher am Mittwoch, die bereits seit Anfang Dezember geschlossenen Nachtclubs und Diskotheken für weitere drei Wochen zu schließen.
Frankreich stellt als Folge der Zahlen außerdem auf 2G um: Eine vollständige Impfung ist ab 15. Januar Voraussetzung für den Besuch von Veranstaltungen, Restaurants oder für Fernreisen. Mit dem Stichtag wird ein negativer Test für den landesweiten Corona-Pass nicht mehr anerkannt, wie Premierminister Jean Castex am Montagabend in Paris bekannt gegeben hatte.
Die geplante Umstellung bedeutet für die Mehrzahl der Menschen die Notwendigkeit des sogenannten Boosters. Dieser kann ab sofort drei Monate nach der Immunisierung erfolgen. Spätestens nach sieben Monaten war der Booster bereits Pflicht für den Corona-Pass. Die meisten Geschäfte in Frankreich sind allerdings anders als in Deutschland weiterhin ohne einen Impfnachweis zugänglich.
Als weitere Schritte gegen die erwartete Welle von Corona-Infektionen mit der hoch ansteckenden Omikron-Variante kündigte Castex eine Maskenpflicht in den Innenstädten an. Bei Kultur- und Sportveranstaltungen wird die Zuschauerzahl drinnen auf 2000 und draußen auf 5000 begrenzt. Eine Homeoffice-Pflicht greift in den Betrieben, wo die Arbeit von zu Hause möglich ist, während der ersten drei Januarwochen an drei Tagen in der Woche – wo es möglich ist, auch an vier Tagen. Der Konsum von Getränken und Essen im Nahverkehr, in Sportstätten und in Kinos wird untersagt, in Restaurants darf nur noch im Sitzen getrunken und gegessen werden.
Portugal hat für die Weihnachtsfeiertage sowie an Silvester und Neujahr scharfe Maßnahmen verhängt, einschließlich eines negativen Testergebnisses für den Zutritt zu Restaurants und öffentlichen Feiern. An Silvester dürfen sich nicht mehr als zehn Menschen auf der Straße versammeln, und das Trinken von Alkohol im Freien wird verboten.
Die Maßnahmen wurden verhängt, obwohl fast 87 Prozent der portugiesischen Bevölkerung vollständig geimpft sind. Grund sei die Omikron-Variante, gegen die die Impfung offenkundig keinen vollständigen Schutz bietet, wie ABC berichtet.
Auch Spanien hatte eigentlich auf ein entspanntes Weihnachtsfest gehofft, da 80 Prozent der 47 Millionen Einwohner geimpft sind. Bei den über 12-Jährigen sind es laut ABC gar 90 Prozent. Gesichtsmasken sind dennoch weit verbreitet. Trotzdem ist das Gesundheitssystem unter Druck geraten, als Grund wir die Omikron-Variante angegeben, auch wenn Experten sich einig sind, dass eine Impfung das Risiko, ernsthaft zu erkranken, noch immer stark reduziert. Wie El Pais berichtet, gibt es in der Region Murcia faktische Ausgangssperren zwischen ein Uhr nachts und sechs Uhr morgens. In Katalonien hat das höchste Gericht weitgehende Einschränkungen genehmigt und erlaubt, dass der Zugang zu bestimmten öffentlichen Veranstaltungen nur mit dem EU-Impfpass gestattet wird.
Der belgische Staatsrat, ein Berater-Gremium der Regierung, hat am Dienstag dagegen eine Entscheidung der Regierung ausgesetzt, einen Teil des Kultursektors zu schließen. Als Begründung führte der Staatsrat an, dass neue Covid-19-Beschränkungen für Theater unangemessen seien. Die Beschränkungen waren am Sonntag in Kraft getreten, aber einige Theater blieben aus Protest geöffnet. In einem Eilverfahren entschied das Gremium, dass Maßnahmen zur Schließung des Theaters „nicht verhältnismäßig“ seien, so die Nachrichtenagentur AP.
In Großbritannien meldeten die Behörden in England und Wales am Dienstag fast 130.000 neue Fälle. Die britische Regierung will laut Daily Mail ab dem neuen Jahr mit mobilen Impf-Trupps ausrücken, um die Leute in ihren Wohnungen aufzusuchen und zur Impfung einzuladen.
In Griechenland hat sich die Zahl der Neuinfektionen von Montag auf Dienstag mehr als verdoppelt. In den Niederlanden und der Schweiz ist Omikron seit Dienstag die vorherrschende Coronavirus-Variante.
Laut WHO ist der Anstieg der Infektionen „wahrscheinlich“ auf eine Kombination aus dem abnehmenden Schutz durch Impfung oder Genesung sowie der höheren Übertragbarkeit zurückzuführen.
Die US-Arzneimittelbehörde FDA warnte unterdessen, dass Antigen-Schnelltests eine Infektion mit Omikron wohl weniger zuverlässig erkennen können als bei anderen Varianten. „Erste Daten deuten darauf hin, dass Antigen-Tests die Omikron-Variante zwar erkennen, aber möglicherweise eine geringere Sensitivität aufweisen“, erklärte die FDA. Die Sensitivität gibt an, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Test bei einem Infizierten ein positives Ergebnis anzeigt.
Die neuen Daten basieren nach Angaben der FDA auf ersten Forschungsergebnissen mit lebenden Viren von echten Patienten. Zuvor hatte die FDA die Tests mit abgetöteten Viren untersucht und dabei keine Unterschiede zwischen verschiedenen Corona-Varianten feststellen können. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte in Berlin, die in Deutschland zertifizierten Tests seien „in aller Regel auch gut auf die Omikron-Variante anwendbar“. (mit AFP)