Ex-Wirtschaftsenator: Harald Wolf wird kommissarischer Bundesgeschäftsführer der Linken

Berlin - Der ehemalige Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf wird neuer Bundesgeschäftsführer der Linken – zunächst allerdings nur kommissarisch. Wolf löst den am Freitag offiziell zurückgetretenen Matthias Höhn ab, der im Streit von den Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger scheidet. „Wir glauben, dass uns da eine sehr gute Wahl gelungen ist“, sagte Riexinger am Freitag vor Journalisten in Berlin. Wolf sei „kein Strömungspolitiker, sondern ein Brückenbauer“. Kipping erklärte, entgegen anders lautender Meldungen sei er der erste gewesen, den sie gefragt hätten. Alle anderen gehandelten Namen wie Jan van Aken, Thomas Nord oder Axel Trost seien falsch. Wolf sei „ein ausgewiesener Reformer mit Regierungserfahrung“ und „ein Garant für Erfolg“. Sie freue sich, dass er Ja gesagt habe.

Am Donnerstag war durchgesickert, dass Höhn am Freitag seinen Rücktritt erklären würde. Dies tat er dann auch. In einem zweiseitigen Brief an den Parteivorstand spart der 42-Jährige dabei nicht mit Kritik. „Eine Partei braucht eine Führung und einen Vorstand, die auf Vertrauen, Verlässlichkeit und Kooperation beruhen“, schrieb er. „Für mich ist dies nicht mehr gegeben.“ Überdies beklagte Höhn offen mangelnde Unterstützung. „Ich bin in den Monaten der Wahlkampfvorbereitungen als Wahlkampfleiter an die Grenzen des für mich persönlich und politisch Leistbaren gestoßen“, heißt es in dem Brief. Eine Rolle als reformpolitisch Ausgleichender in der Führung habe er auch deshalb nicht ausfüllen können, weil sie ihm nicht zugestanden worden sei. Vielmehr habe man seine Integrität und Autorität als Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter beschädigen wollen.

Streit über Kampagne

Während des Wahlkampfes hatte es intern offenbar andauernde Auseinandersetzungen darüber gegeben, wie stark die Kampagne auf die Spitzenkandidaten Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch zugeschnitten sein sollte. Kipping und Riexinger hatten zuvor nachgeben müssen, als Wagenknecht und Bartsch erklärten, sie würden die Spitzenkandidatur bloß allein übernehmen oder gar nicht. Höhn, der nach eigenem Empfinden zwischen die Fronten geriet und seit der Bundestagswahl ein Mandat hat, hatte seinen Posten seit 2012 inne. Kipping und Riexinger bedauerten Höhns Schritt. „Wir hätten uns gewünscht, unsere erfolgreiche Zusammenarbeit fortzuführen“, sagten sie und bestritten, dass es ein Zerwürfnis gab.

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Hinter den persönlichen Auseinandersetzungen stehen auch inhaltliche Konflikte, vor allem über die Flüchtlingspolitik. Während Wagenknecht die Ansicht vertritt, man müsse nicht zuletzt mit Rücksicht auf sozial Schwache in der eigenen Wählerschaft die Probleme mit der Aufnahme von Flüchtlingen offener thematisieren, warnen Kipping und Riexinger vor einem Kurs, der als Annäherung an die AfD verstanden werden könnte und verweisen darauf, dass die Linke zuletzt gerade unter jungen Leuten in Großstädten zugelegt habe. Diese werde man mit einem flüchtlingskritischen Kurs verprellen.