Familiengipfel: Vom Teilzeitjob zurück zur Vollzeit
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist noch immer ein Frauenthema. Insofern könnte der vom Familienministerium einberufene Familiengipfel auch als Frauengipfel durchgehen. Wer „Lösungsmodelle erörtern und Handlungsbedarfe aufzeigen“ will, wie es der Gipfel in Berlin verspricht, wird das Thema allerdings mit Männern besprechen müssen.
Sie sind denn auch hochrangig vertreten, mit Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, dem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer, Hans Heinrich Driftmann, und dem Präsidenten des Zentralverbandes des deutschen Handwerks, Otto Kentzler.
Mit ihnen will Bundesfamilienministerin Kristina Schröder um Lösungsmodelle ringen. Auch die Kanzlerin wird anwesend sein. Bereits im Februar 2011 hatte man in dieser Besetzung die „Charta für familienbewusste Arbeitszeiten“ unterschrieben.
Derzeit vereinbaren Frauen Beruf und Familie in der Regel mit einem Teilzeitjob. Fast die Hälfte der deutschen Frauen arbeitet „nur“ Teilzeit, teilte das Statistische Bundesamt anlässlich des Frauentags mit und sie tun dies aus familiären Gründen, weil sie Kinder oder pflegebedürftige Angehörige betreuen.
Frauenerwerbsquote ist hoch
68 Prozent der deutschen Frauen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren waren demnach 2011 erwerbstätig. Die Frauenerwerbsquote ist damit im europäischen Vergleich hoch. Nach Schweden (72 Prozent), Dänemark (70 Prozent) und den Niederlanden (70 Prozent) liegt Deutschland auf Rang vier. Die Teilzeitquote bei Frauen liegt nur in den Niederlanden (76 Prozent) noch höher als in Deutschland. Hierzulande arbeiten 45 Prozent der erwerbstätigen Frauen in Teilzeitjobs.
Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Frauen beträgt in Deutschland nur 18 Stunden, wie der in der vergangenen Woche vorgestellte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung offenbarte. Und die meisten Frauen sind mit der Reduzierung ihrer Arbeitszeit nicht zufrieden. Einer bislang noch unveröffentlichten Studie des Bundesfamilienministeriums zufolge halten Frauen Babypausen und Teilzeitarbeit für die Karrierekiller Nummer eins.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kündigte deshalb bereits an, eine Gesetzesinitiative auf den Weg bringen zu wollen, die Frauen den Rechtsanspruch auf Rückkehr in eine Vollzeitbeschäftigung ermöglicht. Auch Bundesfamilienministerin Kristina Schröder unterstützt dieses Vorhaben, macht Frauen allerdings keine Hoffnung auf eine baldige Verwirklichung des Projekts. Es gebe Vorbehalte des Koalitionspartners, so Schröder in der vergangenen Woche, und gegen die FDP könne die Union nicht regieren.
„Es darf keine Ungleichbehandlung geben"
Immerhin ist die Idee eines Rückkehrrechts auf Vollzeit nun aber in der Welt. „Die Juristen haben uns bislang immer erklärt, das könne man den Arbeitgebern nicht zumuten“, sagt die Arbeitsmarkt- und Gleichstellungsexpertin der Hans-Böckler-Stiftung, Christina Klenner. „Vor allem aber müsste tatsächlich umgesetzt werden, was schon heute im Teilzeit- und Befristungsgesetz steht“, sagte Klenner dieser Zeitung. „Es darf keine Ungleichbehandlungen von Teilzeit arbeitenden Arbeitnehmern geben. Wir beobachten aber, dass ihnen in der Regel weniger qualifizierte und weniger karriereorientierte Arbeit zugeteilt wird.“ Ein Rückkehrrecht würde Teilzeitarbeit für Männer attraktiver machen und Frauen von dem Stigma der Teilzeit befreien, so Klenner.
Die SPD hält die Ankündigungen von der Leyens für eine „familienpolitische Luftnummer“. „Nachdem die Bundesregierung dreieinhalb Jahre die Hände in den Schoss gelegt hat, ist der jetzige Aktionismus erkennbar dem Wahlkampf geschuldet“, erklärte die Vize-Parteichefin der SPD, Manuela Schwesig der Berliner Zeitung.
Die SPD will Schwesig zufolge ein Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit einführen. „Außerdem soll eine Familienzeit Eltern erlauben, ihre Arbeitszeit partnerschaftlich auf zum Beispiel 30 Stunden pro Woche zu reduzieren.“ Zudem will die SPD die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege verbessern, „indem wir die 10-Tage Pflegezeit mit einer Lohnersatzleistung ausstatten und ein flexibles Zeitbudget mit Lohnersatz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einführen, die sich um ihre pflegebedürftigen Angehörigen kümmern“, kündigte Schwesig an.