Wie die Amerikaner in ihren Filmen die Deutschen darstellen
Meine Tochter ist 17 Jahre alt. Früher habe ich ihr die Welt erklärt. Seit einiger Zeit erklärt sie mir ihre Welt. Ich habe mich entschlossen, zuzuhören.

Mutter: Ich habe gestern Abend noch zwei Folgen House of Cards gesehen. Mal was anderes als Corona.
TOCHTER: Ich finde das ist eine Serie, die für amerikanische Verhältnisse ausgesprochen kritisch mit sich selbst umgeht, mit Amerika und der eigenen Regierung. Andere Serien aus amerikanischer Produktion, die sich mit der Regierung beschäftigen, sind meist überaus patriotisch.
… und sie haben oft auch ein vollkommen verkitschtes Nationalbild.
Da sagen dann die Helden epische Sätze, um die Nation zu beschützen. Besonders schlimm finde ich aber Filme über den Zweiten Weltkrieg, vor allem wenn sie von Nationen gemacht werden, die viel auf sich selber halten.
Weil sie sich für besser halten?
Das meine ich gar nicht, sondern dass sie ein ausgeprägtes Nationalbewusstsein haben. Vielleicht finden sie ihr Land auch besser als andere. Das geht vielleicht Hand in Hand.
Das betrifft nur Amerika?
Nein, andere Länder machen auch nationalbewusste Filme. Aber was den Zweiten Weltkrieg angeht, schaffen es viele Länder nicht, zwischen „Wir sind ein tolles Land und sind stolz auf uns selber“ und „Wir geben die Realität wieder“ zu unterscheiden. Die vermischen alles und machen aus einem Film, der nah an der Wirklichkeit sein könnte, ein Superheldenepos, wo die Helden die Deutschen besiegen.
Dass man die Deutschen im Zweiten Weltkrieg als böse darstellt, finde ich ja in Ordnung, aber eben nicht als Monster. Die Amerikaner und andere sind nicht nur Helden gewesen, aber sie schaffen es nicht, ihre eigene Kriegsführung zu reflektieren. Das ist bei deutschen Filmen anders. Wir haben gar keine Möglichkeit, uns zu Helden zu erklären im Zweiten Weltkrieg. Die amerikanischen Produktionen sind dabei auch noch meist sehr gut, das Filmset ist toll, die Schauspieler auch, aber die Botschaft ist schwierig, und das glauben die Zuschauer dann.
Das ist das eigentliche Problem. Jeder kann ja entscheiden, was er schön findet. Wenn es mich nervt, schau ich es nicht an. Aber wenn das Massenkino immer in die gleiche Richtung zielt, macht es auch etwas mit dem Bewusstsein der Leute. Je öfter man sich von so etwas berieseln lässt, umso stärker wird man die Dinge auch genau so sehen. Das finde ich gefährlich. Es ist eine verdeckte Indoktrination. Aber was kann man machen? Man kann ja solche Filme nicht verbieten. Offenbar gibt es ein großes Bedürfnis, die Welt so zu sehen.
Zu diesen Filmen würde ich aber nicht ins Kino gehen. Zu Hause würde ich sie mir vielleicht sogar angucken, aber nur um zu verstehen, wie andere Länder denken. Das Traurige ist ja nicht, dass diese Filme existieren, sondern dass Leute das brauchen. Der Effekt ist, dass Menschen in eine Richtung geformt werden.