Flüchtlinge brauchen koordinierte Bildungsangebote: Grüne werfen der Bundesregierung Chaos vor
Berlin - Die Grünen werfen der großen Koalition Chaos bei den Bildungsangeboten für Flüchtlinge vor. „Die Bundesregierung verlässt sich in der Integrationspolitik auf das Zufallsprinzip“, sagte die Sprecherin der Grünen im Bundestag für Ausbildungs- und Jugendpolitik, Beate Walter-Rosenheimer dieser Zeitung. Die Bemühungen der einzelnen Bundesministerien seien nicht gut genug aufeinander abgestimmt. Auch die Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen müsse besser werden. Erfolgreiche Integration könne nur gelingen, wenn Bildungsangebote sinnvoll aufeinander abgestimmt würden.
Zu wenige eindeutige Flüchtlingszahlen
Für ihre Einschätzung bezieht sich die Bundestagsabgeordnete auf die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen. In dem Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt, heißt es, der Austausch zwischen den Ministerien in Sachen Bildungs- und Qualifizierungsangebote solle künftig intensiviert werden. Dafür, so lautet die Antwort weiter, „wird die Bundesregierung die Maßnahmen zur Integration von Flüchtlingen in einer interministeriellen Arbeitsgruppe“ begleiten. Aus Sicht der Grünen heißt das im Umkehrschluss vor allem eines: An genau dieser Koordinierung fehlt es bisher.
Darüber hinaus halten die Grünen der Bundesregierung vor, sich nicht ausreichend um belastbare Daten zu bemühen, mit denen eine Politik der erfolgreichen Integration in Ausbildung und letzten Endes in den Arbeitsmarkt erst möglich werde. „Aus der Beschäftigungs- und Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur können allenfalls Indizien für die Ausbildungsbeteiligung von geflüchteten Menschen benannt werden“, schreibt die Bundesregierung. „Wer die Größe der Herausforderung nicht kennt, kann auch keine tragfähigen Brücken in den Arbeitsmarkt bauen“, kritisiert Walter-Rosenheimer. Die Grünen fordern die Bundesregierung zudem auf, genau zu untersuchen, welche Auswirkungen die Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge für die Integration hat.
„Eher gut gemeint als gut gemacht“
Die Politik tut sich mit der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt schwer – zu diesem Ergebnis kommt auch eine aktuelle Analyse des Instituts Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. „Verschiedenste Akteure wollen helfen, zeigen vielfältiges und beachtlich hohes Engagement. Das alles ist aber eher gut gemeint als gut gemacht“, kritisiert der Arbeitsmarktforscher Matthias Knuth. Viele Flüchtlinge erhielten in der Praxis keine professionellen Beratungsangebote, kritisiert er. „Notwendig wäre eine langfristige, verlässliche Begleit- und Unterstützungsstruktur, in der Flüchtlinge sich zunehmend eigenverantwortlich bewegen können – unabhängig von dieser oder jener Sozialleistung“, sagt der Arbeitsmarktforscher.
Auch Walter-Rosenheimer von den Grünen kritisiert: „Die Bundesregierung sollte wissen: Eine Gesamtstrategie ist mehr als die Summe aller Einzelmaßnahmen.“ Am Kabinettstisch müsse jemand für die Koordinierung der vielen Bildungsangebote für Flüchtlinge zuständig sein, fordert sie. Alles andere sei „fahrlässig“.