Gas-Allianz zwischen Warschau und Kiew: Profitiert Polen vom Wiederaufbau der Ukraine?
Erdgas ist ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft beider Länder. Was hat es mit dem Energie-Bündnis zwischen Polen und der Ukraine auf sich?

Polen und die Ukraine treiben den Ausbau der Gas-Infrastruktur zwischen beiden Ländern weiter voran. Das polnische Unternehmen Gaz-System und der Betreiber des Gastransportsystems der Ukraine haben am Donnerstag ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet. Unter anderem solle die Transportkapazität der Gaspipelines erhöht werden, kündigten die Unternehmen an.
„Die Kombination der Potenziale der ukrainischen und polnischen Gasinfrastrukturen könnte zu einem der Schlüsselelemente der Unabhängigkeit Europas vom russischen Gasmonopol werden“, sagte Paweł Stańczak, Präsident von GTSOU, dem ukrainischen Unternehmen.
Gas aus den USA soll über Polen in die Ukraine geliefert werden
Die Betreiber erklärten, dass sie Erdgas, das ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft beider Länder ist, fördern und daran arbeiten würden, den grenzüberschreitenden Transport von sogenannten grünen Gasen zu ermöglichen. Polen kann so Zahl und Kapazität seiner Gas-Einspeisepunkte erhöhen.
Wie das polnische Portal Energetyka24 berichtet, schlossen Polen, die USA und die Ukraine bereits im im August 2019 ein Abkommen zur Verbesserung der regionalen Gasversorgungssicherheit. Darüber hinaus schmiedeten Washington und Kiew 2020 ein Abkommen, das die Lieferung von US-amerikanischem Flüssiggas über Polen in die Ukraine ermöglichen sollte. 6 bis 8 Milliarden Kubikmeter sollten so transportiert werden.
Polen ist Transitland für Gaslieferungen in die Ukraine
Nun könnte laut Energetyka24, das den Präsidenten des polnischen Unternehmens Marcin Chludziński zitiert, eine Verdoppelung des Gas-Volumens der von Polen an ukrainische Kunden gelieferten Mengen erreicht werden. Derzeit sind es etwa 1,5 Milliarden Kubikmeter. Schon bald könnten es offenbar 3 Milliarden Kubikmeter Gas sein.
Polen ist zum Einen Transitland für Gaslieferungen in die Ukraine. Zum Anderen ist Warschau ein Drehkreuz, das Gasüberschüsse weiterverkaufen kann. Außerdem ist Polen relevanter Investor für Infrastrukturen, die sich von Russland entkoppeln wollen. Energetyka24 schätzt die Chancen und Herausforderungen diesbezüglich für Polen als „enorm“ ein – auch in Hinblick auf eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Warschau und Kiew nach dem Krieg.
Regasifizierungsanlage in Danzig soll spätestens 2028 Gas bereitstellen
Eine große Rolle spielt auch die in Danzig an der Ostseeküste geplante, schwimmende Regasifizierungsanlage. Diese soll laut polnischen Medien bis 2027-28 mit einer Anfangskapazität von 6,1 Milliarden Kubikmetern (bcm) pro Jahr in Betrieb genommen werden und Gas für die Slowakei, Tschechien und die Ukraine bereitstellen.
Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine gilt Polen als ständiger Kritiker von Ländern, die sich zu abhängig von russischer Energie gemacht haben. Das Land hat sich innerhalb kürzester Zeit vom Import russischer Kohle und später von russischem Öl verabschiedet.