„Gravierende Mängel“: Gericht erklärt Durchsuchungen bei Alischer Usmanow für rechtswidrig

Der Spiegel meldet, dass das Frankfurter Landgericht vier Durchsuchungen gegen Alischer Usmanow für rechtswidrig erklärt hat. Die Berliner Zeitung hatte zuvor berichtet.

Alischer Usmanow
Alischer Usmanowimago

Überraschende Wendung im Ermittlungsverfahren gegen den usbekisch-russischen Milliardär Alischer Usmanow: In einer rechtskräftigen Entscheidung hat das Landgericht Frankfurt gleich vier Durchsuchungsanordnungen der Generalstaatsanwaltschaft für rechtswidrig erklärt. Wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel meldete, bemängelte das Gericht das Fehlen eines Anfangsverdachts. In ihrer Begründung habe die Kammer gravierende Mängel in den Ersuchen der Staatsanwaltschaft festgestellt.

Konkret ging es um zwei Immobilien am Tegernsee, die in einer norddeutschen Werft liegende Motoryacht „Dilbar“ und um eine Eigentumswohnung in Hessen. Sämtliche Objekte waren im Herbst 2022 durchsucht worden. Die Berliner Zeitung hatte über den Fall als eines der ersten Medien berichtet und die Arbeitsweise der Ermittlungsbehörden in Zweifel gezogen.

Ein angeblicher Geldwäscheverdacht

Es waren spektakuläre Durchsuchungsaktionen. Allein an der Durchsuchung der „Dilbar“ waren 60 Fahnder beteiligt. Zum Event mit Knalleffekt geriet auch die Razzia in den Tegernsee-Villen in Rottach-Egern: Bundespolizei, Schnelle Eingreifreserve der Staatsanwaltschaft, ein massives Journalistenaufgebot. Der Hamburger Anwalt Joachim Steinhöfel, der den 69-jährigen Usmanow medienrechtlich vertritt, sagte der Berliner Zeitung: „Die Durchsuchungen vorher bekanntzugeben, war rechtswidrig. Die Ermittler wollten diese politisierte Show, wollten jemanden mit großer Medienresonanz an den Pranger stellen.“

Der angebliche Geldwäscheverdacht hatte sich auf die Behauptung gestützt, Alischer Usmanow habe sein Vermögen widerrechtlich erworben, sei es durch Zahlung von Schmiergeldern und Steuerhinterziehung in Russland oder durch illegales Transfer-Pricing, also die rechtswidrige Preisgestaltung beim Verkauf russischer Rohstoffe über ausländische Tochtergesellschaften.

Politisch motivierte Ermittlungen

In einer Stellungnahme der Verteidigung heißt es, die Staatsanwaltschaft habe ihren Verdacht nach Ansicht des Landgerichts nicht einmal annähernd ausreichend begründet. Die Vorwürfe hätten sich auf Quellen gestützt, die teils unpräzise benannt und teils nicht überprüfbar seien. Zum Teil stammten sie auch von Personen, die selbst ein großes Eigeninteresse an einer Diskreditierung des Milliardärs hätten.

Gemeint ist wohl der russische Anti-Korruptions-Kämpfer Alexej Navalny. Der Unternehmer hatte sich schon 2017 gerichtlich und mit eigenen Youtube-Videos gegen Nawalnys Anschuldigungen zur Wehr gesetzt hat. Die von Usmanow in Moskau angestrengten Verfahren wurden gewonnen – was ihm jedoch angesichts des Rufs der russischen Justiz in Deutschland keine Punkte einbringt.

Auch der Rechtsanwalt und ehemalige CSU-Politiker Peter Gauweiler ist in den Fall involviert; seine Münchner Kanzlei leistet der usbekischen Botschaft Rechtsbeistand. Gauweiler betont, das Landgericht habe „für Recht erkannt“, dass der Geldwäscheverdacht „selbst in Form eines Anfangsverdachts nicht besteht [und] nie bestanden hat“. Die Entscheidung habe den Eindruck untermauert, wonach das „Vorgehen der deutschen Strafverfolgungsbehörden gegen (…) Usmanov nicht sachlich begründet, sondern sachfern politisch motiviert“ sei.

Auseinandersetzung mit einem übermächtigen Staat

Usmanows Anwälte betonen, die jetzt getroffene Entscheidung bekräftige „das Vertrauen unseres Mandanten in die Bundesrepublik Deutschland als funktionierenden Rechtsstaat“. Die Urteilsbegründung sollte allen zu denken geben, „die zur deutschlandweiten Vorverurteilung unseres Mandanten beigetragen haben“.

Erst vor wenigen Tagen hatte der Münchner Merkur über eine Anfrage des Rottacher CSU-MdB Alexander Radwan an die Bundesregierung berichtet. Radwan wolle herausfinden, wie das „Instrument der restriktiven Maßnahmen (…) weiter zu schärfen“ sei.

Dem Abgeordneten scheint nicht zu gefallen, dass sanktionierten „Oligarchen wie Usmanow (…) mit all ihren Ressourcen“ in Deutschland der Rechtsweg offensteht. Dazu der Hamburger Anwalt Steinhöfel: „Erst einmal setzen Strafen ein unzulässiges Verhalten voraus. Und dann hat jeder das Recht auf einen Anwalt. Erst recht in der Auseinandersetzung mit einem übermächtigen Staat. Dass ausgerechnet ein Bundestagsabgeordneter dieses Grundrecht relativiert, ist höchst befremdlich.“

Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de